Podium: Smarte Daten und Demokratie
Politik, Ethik, Datenschutz und Industrie: Im Podium konnten die Referenten des Vormittags die Klingen kreuzen. Nationlrätin Edith Graf-Litscher, der Sicherheitspezialist Dominik Herrmann, Ethikprofessor Peter Kirchschläger und Ericsson CTO Frank Henschke taten es unter der Moderation von Florence Boinay sehr engagiert – und machten dabei verschiedene bedenkenswerte Vorschläge.
Einstiegsfrage war ein Resultat des Publikumsvotings, das den grössten Vorteil der vernetzen Mobilität darin sah, dass sie «mehr Kapazität auf Strasse und Schiene» bringe. Für Peter Kirchschläger, der in einer verbesserten Mobilität nicht nur eine Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz, sondern immer auch die Chance eines intensivierten gesellschaftlichen Zusammenlebens sieht, macht das auch von einem ethischen Standpunkt her durchaus Sinn. Nationalrätin Edith Graf-Litscher stellte klar, dass technologische Innovationen aus ihrer Sicht allein für eine nachhaltige Erhöhung der Kapazitäten nicht genüge, sondern Hand in Hand mit dem Ausbau der Infrastrukturen gehen müsse. Inwieweit auch Mobility Pricing hier als Lenkungsinstrument tauge, sei politisch hingegen umstritten.Viel zu reden gab ein weiteres Resultat des Publikumsvotings: 66 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihre Daten nur anonymisiert aus der Hand geben würden. Für den Informatiksicherheitsspezialisten Dominik Herrmann ist das klassisches Wunschdenken. «Privacy paradox» nannte er das Phänomen, dass die meisten Menschen ihre Privacy sang- und klanglos aufgeben, wenn sie im Gegenzug Zugang zu einer bequemen Dienstleistung bekämen. Für Frank Henschke kann das auch damit zusammenhängen, dass nicht allen Nutzern wirklich immer klar sei, welche Daten viele Apps, beispielsweise über die Aufzeichnung von Ortungsdaten, im Hintergrund erheben würden. Hier möchte Dominik Herrmann den Markt in die Pflicht nehmen: Die Konsumentinnen und Konsumenten sollten nicht nur die Wahl haben, einen Dienst entweder zu nutzen – und damit ihre Daten preiszugeben – oder auf die Benutzung zu verzichten. Herrmann plädierte für eine dritte Option: Es sollte möglich sein, gegen einen Aufpreis einen Zugang zu erhalten, der die datenschützerischen Standards respektiert: «Überlässt man den Markt sich selbst, dann schafft es der Datenschutz nicht zum Wettbewerbskriterium», bedauerte er und plädierte so für eine staatliche Regulierung der Problematik.
Die Politikerin nahm den Ball auf: «Leitplanken sind zentral und gerade weil Daten heute eine wichtige Ressource sind, ist nicht einzusehen, warum nur die Unternehmen und nicht auch die Konsumenten selber etwas davon haben sollten», meinte Edith Graf-Litscher. Es würde ihrer Ansicht nach zudem gleichzeitig auch dafür sorgen, dass die Bevölkerung bewusster mit digitalen Dienstleistungen umgehen würde. Genau das sei Aufgabe der Politik in einem demokratischen Staat, unterstützte Peter Kirchschläger ihr Votum: Sie müsse dafür sorgen, dass nicht nur die Interessen eines Teils der Gesellschaft zum Tragen kämen. Was den Datenschutz betreffe, seien neue Regulierungen aber gar nicht notwendig – es würde genügen, wenn der bestehende normative Rahmen respektiert und darauf geachtet würde, dass gewisse problematische Angebote gar nicht erst eingeführt würden, monierte der Ethikprofessor aus Luzern.