Jedem sein Netzwerk: ein Lexikon

Das IoT verbindet Dinge jeder Art drahtlos über weite Distanzen und bringt sie ins Internet. Aber nicht alle Dinge tun dasselbe, nicht alle sind gleich auskunftsfreudig oder gleich stromhungrig. Je nach Anspruch und Anwendungsszenario kommen daher andere IoT-Netzwerktechnologien zum Einsatz. Autonome Fahrzeuge beispielsweise wären ohne minimale Latenzzeiten bei gleichzeitig hoher Datenübertragungsrate lebensgefährlich, weil viel zu begriffsstutzig – in so ein Auto würde kein Mensch einsteigen. Der Smart Meter irgendwo im Keller hingegen überträgt nur geringe Datenmengen und das nur wenige Male am Tag: Reaktionsgeschwindigkeit und Datenübertragungsrate brauchen hier also nicht besonders hoch zu sein. Dafür ist hinter den dicken Kellermauern eine hohe Reichweite wichtig – und im schwer zugänglichen Kellerwinkel ist ein geringer Stromverbrauch, d.h. eine Batterie mit langer Lebensdauer, von Vorteil.

Jahrmarkt der Geistesblitze und Ideen

Die faszinierende Vision eines allumfassenden Internets der Dinge – es soll, je nach Quelle, bis 2022 über 50 Milliarden Sensoren und Geräte umfassen – befeuert auch die Entwicklung neuer IoT-Zugangstechnologien. Sie bilden die Bausteine eines je nach den Anforderungen eines IoT-Projektes modular zusammensetzbaren IoT-Universums. Denn bestehende Funkstandards wie WLAN, 3G/4G und Bluetooth sind für das «Internet der Dinge» weniger geeignet. Sie verbrauchen zu viel Energie, die Reichweite ist zu gering und die Konfiguration zu aufwändig.

Zu den neu entwickelten oder auf Basis altbewährter Standards und Netze weiterentwickelten Zugangstechnologien gehören:

Low-Power-Wide-Area-Netzwerke (LPWA) sind eigenständige, speziell für wenig datenintensive IoT-Anwendungen geschaffene Netzwerke. Sie sind auf hohe Flächenabdeckung, gute Gebäudedurchdringung und geringe Kosten optimiert. Gleichzeitig benötigen sie erheblich weniger Strom als herkömmliche Mobilfunknetze. Zu den LPWA gehören unter anderem:

  • LoRaWAN (Long Range WAN) nutzt in Europa lizenzfreie Frequenzen zwischen 867 MHz sowie 869 MHz. Die Reichweite beträgt im Stadtgebiet etwa 2 km, im Umland werden 10 bis 15 km erreicht, auf dem Land bis zu 40 km. Die maximale Datenrate liegt zwischen 0,3 und 50 kBit/s. LoRa ist zum Senden von kleinen Datenpaketen gedacht, etwa für Sensoren, die nur melden ob etwas ein- oder ausgeschaltet ist. LoRaWAN kann Daten auch durch dicke Kellerwände hindurch übertragen. Da es zudem sehr engergieeffizient ist, kann ein Sensor mit einer Knopfzelle über Jahre funktionieren. Die Kommunikation über LoRaWAN ist standardmässig mit 128-Bit-AES verschlüsselt. Da LoRa nicht lizenzierte Frequenzen verwendet, können auch selbstverwaltete interne Netzinfrastrukturen eingerichtet werden. Entwickelt wird LoRaWAN von der weltweiten Lora-Allianz, zu deren Mitgliedern auch Swisscom und die Fachhochschule Bern gehören.
  • Sigfox, ein globales, preisgünstiges und professionelles Netz ohne Roaminggebühren mit hohen garantierten Qualitätsstandards, ist der stärkste Konkurrent von LoRaWAN und NB-IoT. Sigfox verwendet eine Ultra-Narrow-Band-Technik (100Hz) und sendet ebenfalls im kostenfreien ISM-Band. In Europa nutzt Sigfox die Frequenz von 868 MHz. Zusätzliche Dienste sind einfach zuzuschalten (interkontinentale Bewegungen, Geolokalisation ohne GPS, Wifi-Sniffing, Verschlüsselung, etc). Die Reichweite einer Basestation kann mehrere Dutzend km betragen und sie kann gleichzeitig über 1 Million  Geräte bedienen. Daher ist aber das übertragene Datenvolumen auch eingeschränkt: Nachrichten dürfen nur maximal 12 Bytes gross sein und ein Sigfox-Gerät kann pro Tag maximal 140 Nachrichten übertragen. Die Batterielaufzeit ist extrem lang und vorhersagbar. Darüber hinaus ist das offene und durch alle nutzbare Sigfox-Protokoll sehr einfach zu nutzen oder zu modifizieren. Zur Verschlüsselung verwendet Sigfox einen 128-bit-Schlüssel.
     
  • Narrowband-IoT (NB-IoT) ist eine spezielle Erweiterung des LTE-Netzes (4G). Es überträgt – langsam, aber sehr zuverlässig ­–  kleine Datenmengen auch in schwierigen Umgebungen (weist z.B. also eine hohe Gebäudedurchdringung und Indoor-Abdeckung auf) und über grosse Distanzen. Über das NB-IoT können also beispielsweise im Keller montierte Wasserzähler ins IoT eingebunden und aus der Distanz ausgelesen werden.
     
  • Für etwas höhere Datenraten bietet sich das stärker auf den Mobilfunk ausgerichtete LTE-M (LTE Cat-M1). Im Unterschied zum stärker auf die Anforderungen der M2M-Kommunikation zugeschnittenen NB-IoT ermöglicht LTE-M auch Sprachübertragungen, ist dafür aber etwas weniger günstig.
     
  • Eine weitere Variante ist LTE Cat 1. Es handelt sich um die kostengünstigste LTE-Kategorie, die aber trotzdem die erforderlichen Geschwindigkeiten für die Unterstützung von Videostreaming und Sprachunterstützung bereitstellt.

Wenn es um die Übertragung kleiner Datenmengen geht, eignet sich auch 2G für die M2M-Kommunikation. Allerdings gibt es bereits mehrere Länder, wo 2G schon komplett ausgelaufen ist. In der Schweiz wird es ab Ende 2020 von Swisscom nicht mehr unterstützt.

Auch altbewährte Funkstandards wie Bluetooth werden fürs Internet der Dinge fit gemacht. So unterstützt Bluetooth inzwischen auch Maschennetzwerke (Bluetooth Mesh), bei denen mehrere Bluetooth-Geräte zu einem Netz zusammengeschlossen werden, in dem alle Knoten untereinander eine Verbindung aufbauen können. Das funktioniert auch dann, wenn einzelne Geräte sich nicht direkt zueinander in Reichweite befinden.

Grosse Hoffnungen schliesslich sind mit dem LTE-Nachfolger 5G verbunden. Er soll dem Internet der Dinge den letzten Turbo-Boost geben, indem er einen Datendurchsatz von bis zu 10 GB/s, extrem kurze Reaktionszeiten von 1ms und bis zu 1 Mio./km2 gleichzeitiger Mobilfunkverbindungen möglich macht. Diese neuen und erweiterten Funktionen erlauben eine ganze Reihe neuer Anwendungen: Geht es um die schnellere Übertragung von mehr Daten (an der Spitze des Dreiecks)? Um komplexe Maschinenkommunikation (unten links)? Oder darum, eine minimale Kommunikationsverzögerung (Latenz) zu haben? Der Ort einer Applikation im Dreieck zeigt an, welcher Parameter im jeweiligen Fall wie wichtig ist.

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