Selbst wer nicht mit der grossen Zustimmung zum neuen Nachrichtendienstgesetz gerechnet und sich vielleicht ein anderes Abstimmungsresultat erhofft hat, muss zugeben: Im Vorfeld dieser Volksabstimmung hat in der Schweiz eine wichtige, vor allem aber höchst notwendige politische Debatte über Überwachung, Privatsphäre und innere Sicherheit stattgefunden. Ich meine: Es war richtig den Nachrichtendienst mit mehr und zeitgemässeren Kompetenzen auszustatten – er braucht sie, um die Sicherheit in einer zunehmend digitalisierten Welt zu schützen. Richtig ist aber auch, dass die Kontrolle umso besser sein muss, je grösser diese Kompetenzen sind.
Darum ist es wichtig, dass wir dem Nachrichtendienst jetzt genau auf die Finger schauen. Ausserhalb der Bundesverwaltung muss eine zusätzliche unabhängige Aufsicht eingerichtet und mit den notwendigen personellen und technologischen Mitteln ausgestattet werden, um zu verhindern, dass die Kontrolleure über die erteilten Bewilligungen hinausgehen. Und dafür brauchen wir gut ausgebildete Fachpersonen und IT-Lösungen, die es uns ermöglichen, die Umsetzung des Gesetzes über die präventive Überwachung zu überwachen.
Denn die Digitalisierung und Vernetzung aller Lebensbereiche führt dazu, dass bei fast jeder Aktivität und bei nahezu jeder Form von Kommunikation personenbezogene Daten anfallen und gespeichert werden. Die Nutzung dieser Daten kann im Interesse des Individuums und der Gesellschaft stattfinden oder sich gegen das Allgemeininteresse richten. So ist es wichtig und richtig, die Menschen vor einer nachteiligen Verwendung dieser Daten zu schützen, unabhängig davon, ob das von staatlicher, privatwirtschaftlicher oder privater Seite geschieht. Gleichzeitig ist unbestritten, dass es viele Fälle gibt, insbesondere in Wissenschaft und Forschung, in welchen die anonymisierte Nutzung personenbezogener Daten zum Vorteil aller stattfinden kann. Auch viele der heutigen und zukünftigen personalisierten digitalen Angebote der privaten und öffentlichen Anbieter können grossen Nutzen für Gesellschaft und Individuum stiften.
In unserer digitalisierten und vernetzten Gesellschaft müssen die Persönlichkeitsrechte besonders geschützt werden, weil sie besonders sensibel sind. Dazu gehört auch das Recht zur informellen Selbstbestimmung, was bedeutet, dass Nutzerinnen und Nutzer selber darüber bestimmen können, in welchem Umfang ihre personenbezogenen Daten verarbeitet, verknüpft und ausgewertet werden. Weiter gilt es, ein Recht auf eine persönliche Kopie dieser Daten gesetzlich zu verankern, dazu ein Recht, ihre weitere Nutzung zu verbieten und, falls die gespeicherten Daten nachweislich falsch sind, ein Recht auf Korrektur.
Diese Prinzipien entspringen auf gar keinem Fall irgendeinem weltfremden Idealismus: Sie sind im Gegenteil ganz klar im handfesten Interesse aller, auch derjenigen, zu deren gesetzlicher Aufgabe oder wirtschaftlichem Geschäftsmodell die Analyse grosser Datenmengen gehört. Denn das grösste Gut, das Schmiermittel für Demokratie und Wirtschaft, ist das Vertrauen der Bevölkerung. In dieser Zeit des Umbruchs ist es deshalb ganz zentral, dass wir den Dialog zwischen Politik und Wirtschaft intensiv pflegen, dass wir die digitale Zukunft mit volkswirtschaftlichem Blick gemeinsam gestalten und die Menschen dabei nicht vergessen.