Pssst! 6G ist bereits in den Startlöchern …

In der Schweiz harzt der 5G-Ausbau. Es wird über Bewilligungen, Auflagen und Grenzwerte gestritten. Derweil hat die globale 6G-Forschung längst begonnen. Dies zurecht, denn die zunehmenden Erwartungen der Gesellschaft und der Wirtschaft in Verbindung mit der Entwicklung neuer fortschrittlicher Technologien werden zu Herausforderungen führen, die selbst 5G nicht bewältigen kann.

Von Martin Bürki

Aktuell erleben wir eine starke Ausweitung von 5G in der ganzen Welt. Die modernste Mobilfunktechnologie bietet neue Kommunikationsmöglichkeiten, welche die Gesellschaft verändern werden. Die ersten Schritte in Richtung 5G wurden bereits vor einem Jahrzehnt unternommen, als 4G gerade erst eingeführt wurde. Eine neue Technologie kann nicht erst entwickelt werden, wenn sie bereits dringend gebraucht wird. Wir tun darum gut daran, uns weiterhin frühzeitig mit der nächsten Evolution im Mobilfunk zu befassen. Zumal kein Zweifel besteht, dass der fortschreitende Wandel zu Herausforderungen führen wird, die über das, was 5G leisten kann, hinausgehen.


Es ist zu erwarten, dass 5G im Jahr 2030 prägend sein wird. Mobilfunknetze werden ein noch grundlegenderer Bestandteil in praktisch allen Bereichen des Lebens, der Gesellschaft und der Wirtschaft sein und die Kommunikationsbedürfnisse von Menschen und vermehrt auch von intelligenten Maschinen erfüllen müssen. Auch das Stromnetz wurde ursprünglich für wenige Anwendungen gebaut. Nachdem dann aber jeder Haushalt angeschlossen wurde, entstanden explosionsartig neue Anwendungen. In der mobilen Kommunikation ist ähnliches zu erwarten und diese steigenden Ansprüche geben der Forschung und Industrie ein klares Ziel vor. 6G soll durch allgegenwärtige intelligente Kommunikation zu einer effizienten, humanen und nachhaltigen Gesellschaft beitragen. Ericsson und Nokia treiben dies mit dem europäischen 6G-Forschungsprojekt Hexa-X bereits heute voran. Im Zentrum stehen die Fragen, was das Netz im Jahr 2030 leisten kann und welche technologischen Komponenten dafür erforderlich sein werden.


Für die neue Ära 2030 kristallisieren sich vier Haupttreiber heraus: Vertrauenswürdigkeit der Systeme, die im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen werden, Nachhaltigkeit durch die Effizienz der Mobiltechnologie, beschleunigte Automatisierung und Digitalisierung, um unser Leben zu vereinfachen und zu verbessern sowie eine grenzenlose Konnektivität, die den Bedarf an intensiver Sprach- und Daten-Kommunikation überall, zu jeder Zeit und für alles erfüllt.

(Quelle: Ericsson)

Stabilität und Sicherheit der Netze wird entscheidend

Da die drahtlose Konnektivität in Zukunft noch stärker ein integrierter und grundlegender Bestandteil der Gesellschaft sein wird, wird auch das Vertrauen in die Konnektivität und in die über sie gelieferten Daten wichtiger werden – einschliesslich der Datendienste und der Funktionalität der Datenverarbeitungsplattformen. Wir müssen uns künftig vollständig auf Netze, verifizierte Daten und Identitäten verlassen können und gleichzeitig darauf vertrauen, dass unsere Privatsphäre sichergestellt ist. Da drahtlose Netzwerke bereits heute eine kritische Komponente der Gesellschaft darstellen, sind Ausfallsicherheit und Sicherheitsfunktionen von entscheidender Bedeutung. Das Netz muss in der Lage sein, seine Dienste auch dann zu erbringen, wenn ein Teil der Infrastruktur aufgrund von Naturkatastrophen, lokalen Störungen oder anderen aussergewöhnlichen Ereignissen ausfällt. Auch gilt es, robusten Widerstand gegen vorsätzliche Angriffe zu gewährleisten.

Die drahtlose Kommunikation spielt eine immer wichtigere Rolle für die Ziele zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen. 6G wird Möglichkeiten für eine effizientere Ressourcennutzung beschleunigen und so zu einem wichtigen Instrument für den nachhaltigen Wandel. Dazu gehören verschiedene Elemente wie die Unterstützung intelligenter Automatisierungsdienste weltweit oder die Konnektivität für globale Sensoren zur Überwachung des Zustands von Wäldern und Ozeanen. Durch eine global durchgängige Verfolgung des Lebenszyklus von Waren können zudem autonome Lieferketten einer vollständigen Kreislaufwirtschaft für Ressourcen näherkommen. Auch die Energieeffizienz des Netzes spielte bei der Entwicklung von 5G eine wichtige Rolle und wird für 6G noch wichtiger sein. Eine Beschleunigung des Datenverkehrs darf nicht mit einer Erhöhung des Energieverbrauchs einhergehen.

6G erfordert neue Fähigkeiten und eröffnet weitere Möglichkeiten

(Quelle: Ericsson)

Die Hardware entwickelt sich in rasantem Tempo weiter und wird in Bezug auf Verarbeitungsgeschwindigkeit, Energieleistung und Grösse immer leistungsfähiger. Parallel dazu kann das Aufkommen neuer Metamaterialien zu radikal neuen Ansätzen führen (z. B. bei der Antennenimplementierung). Kleinere, einfachere Geräte mit geringem Stromverbrauch werden es ermöglichen, überall Konnektivität einzubauen. Mit Hilfe der künstlichen Intelligenz (KI) lassen sich zudem viele Prozesse optimieren und vereinfachen und die Abläufe verbessern. Die Notwendigkeit menschlicher Beteiligung und Überwachung wird verringert.

Künftige drahtlose Netze müssen im Vergleich zu heute in verschiedenen Bereichen verbessert und erweitert werden. Dazu gehören sowohl die klassischen Fähigkeiten wie erreichbare Datenraten, Latenz und Systemkapazität als auch neue, qualitative Fähigkeiten. Wir müssen uns möglichst gut auf das Unbekannte vorbereiten und unermüdlich weiter forschen, damit die künftigen Netze als Plattform für Innovationen dienen und Dienste unterstützen, die wir heute noch nicht kennen.

Die Entwicklung des Mobilfunks widerspiegelt eindrücklich die zunehmende Digitalisierung und Beschleunigung unseres Lebens. Wurden die ersten Generationen im Mobilfunk noch ca. alle 10 bis 15 Jahre eingeführt, beschleunigt sich der Erneuerungszyklus auf unter 10 Jahre. Solange wir in der Schweiz weiterhin an innovationsfördernden Rahmenbedingungen festhalten, sind wir gut aufgestellt, um die zahlreichen Chancen neuer Technologien optimal zu nutzen.

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Martin Bürki

Martin Bürki ist Country Manager Ericsson Schweiz und Vorstandsmitglied von asut.