Big-Data-Rezepte

Die Datensammler im Einkaufskorb

Wer bei der Migros an der Kasse mit seiner Cumulus-Karte auscheckt, erhält seit kurzem personalisierte Rabatt-Gutscheine, die sich an dem orientieren, was sie oder er immer wieder gern einkauft: Zum Beispiel 25-fache Cumulus-Punkte auf allen Fruchtsäfte einer bestimmten Marke beim nächsten Einkauf. Solche personalisierten Gutscheine und Coupon-Hefte, die seit längerem auch per Post verschickt werden, sollen die Kundenverbindung stärken. Und diese massgeschneiderten Kaufanreize – oder «verbesserten Kundenerlebnisse», wie sie ins Marketing-Deutsch übersetzt heissen – kommen  bei den gut 2,9  Millionen Cumulus-Karten-Besitzer offenbar gut an: Bei der Migros ist von einer bis zu zehn Mal höheren Response-Rate die Rede. Auch Coop verteilt Rabatt-Coupons, die sich am Einkaufsverhalten orientieren. Und auch hier tragen die Kartenbesitzer zu mehr als 70 Prozent des Umsatzes bei – Umsätze, die dank den digitalen Treukarten also aufgeschlüsselt und einem bestimmten Kundensegmenten zugeordnet werden können. Genau zu wissen, was die Kundschaft wann gerne kauft, ist praktisch für die Planung: Es hilft dabei, im richtigen Moment das richtige Sortiment anzubieten.

Swisscom zählt Autos

Auch Swisscom will in Zukunft mit Big Data (das Unternehmen spricht allerdings lieber von «Smart Data») Geld verdienen. Als Telekommunikationsanbieterin mit mehreren Millionen Privatkunden verfügt sie über grosse Mengen an Daten, die durch ihre Leistungserbringung im Festnetz und im Mobilfunkbereich anfallen – insbesondere Bewegungsdaten. Die Informationen, die durch Big-Data-Analyseverfahren aus diesen Daten gewonnen werden können, setzt Swisscom nicht nur zur Optimierung eigener Geschäftsprozesse und Dienstleistungen ein, sondern will sie vermehrt auch Dritten verkaufen. Städte- und Verkehrsplaner beispielsweise könnten an der Analyse von Verkehrsflüssen interessiert sein, die auf der Auswertung von aggregierten und anonymisierten Mobilfunkdaten basieren (über den Pilotversuch in der Waadtländergemeinde Pully hat das asut-Bulletin berichtet), Einkaufszentren an der Auswertung von Kundenströmen und Online-Medien an der Analyse von Kundensegmenten für zielgerichtete Werbung.

Was Swisscom zu Smart Data zu sagen hat und welche «Smart Data Insights» sie für den externen Markt bestimmt, lesen Sie hier.

Big Data aus dem All

Google schliesslich bringt das Geschäft mit Big Data auf eine ganz neue Ebene: Mit der im Herbst 2016 erworbenen Satellitenfirma Skybox, die inzwischen Terra Bella heisst, lanciert Google das Datensammeln aus dem All: Fotos und Videos aus ein paar Hundert Kilometeren Höhe können unzählige verknüpf-, analysier- und vermarktbare Informationen liefern. Der Containerumschlag in einem Hafen beispielsweise kann über Warenströme Auskunft geben, Rückschlüsse auf Kundenströme, Kaufkraft und Umsatz lässt die Anzahl von Autos vor einem Supermarkt zu, Aufnahmen von Feldern und Wäldern geben Hinweise. Für Google ist die Erde ein grosses Buch, dessen Schrift mithilfe von Big-Data-Analytics entziffert werden soll. Die Motivation? «Die Signale erkennen, die die Weltwirtschaft antreiben», heisst es auf der Webseite von Terra Bella.

 

Terra Bella: Satellitenaufnahme von Las Vegas bei Nacht.