Digitalisierung als Hebel einer nachhaltigen Mobilität
Von Edith Graf-Litscher
Der Verkehr wächst weiter, auch in Zukunft. Allerdings wird er, aufgrund gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Trends wie der fortschreitenden Urbanisierung, der demographischen Alterung oder dem Überhandnehmen flexibler Arbeitsformen, vermutlich weniger stark wachsen als die Bevölkerung. Das geht aus den Verkehrsperspektiven 2050 des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation hervor.
Sie zeigen zum Beispiel, dass neben der Bevölkerungsentwicklung insbesondere das Wirtschaftswachstum ein wichtiger Treiber für das Verkehrsvolumen ist. In Zahlen drückt sich das so aus: Die Bevölkerung wächst um 21 Prozent, der Personenverkehr aber unterproportional nur um 11 Prozent. Die Zunahme des Bruttoinlandproduktes (BIP) um 57 Prozent hingegen schlägt mit einer Steigerung des Güterverkehrs um 31 Prozent zu Buche. Besonders der Lieferwagenverkehr nimmt zu. Arbeitswege werden weniger, Freizeitwege mehr.
Das schweizerische Verkehrssystem ist effizient, zuverlässig und sicher. Doch wenn die Mobilität insgesamt kontinuierlich weiterwächst, stösst es an seine Grenzen. Die Verkehrsinfrastruktur – Nervenbahn unserer Wirtschaft und Gesellschaft und Rückgrat des Standortes Schweiz – kann, so wichtig sie ist, nicht unendlich weiter ausgebaut werden. Dafür fehlt erstens der Platz und zweitens der politische Rückhalt: Ausbauprojekte in dicht besiedeltem Gebiet sind heute nicht mehr mehrheitsfähig. Mehr Spielraum können wir also einzig gewinnen, wenn es gelingt, die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen und effizienter zu steuern. Was heute noch gang und gäbe ist, können wir uns morgen nicht mehr leisten. Zum Beispiel, dass die meisten Personenwagen durchs Band weg halbleer unterwegs sind, die meisten Fahrzeuge öfter auf dem Parkplatz stehen als fahren, und dass jeden Morgen und Abend die Strassen überlastet und die Züge überfüllt sind.
In vier «Wenn-dann-Szenarien» simulieren die Verkehrsperspektiven 2050 des Bundes, in welche Richtung sich Personen- und Güterverkehr entwickeln könnten. Das erste zeigt eine Entwicklung, die sich an den Mobilitätszielen des Bundes orientiert. In den anderen drei Szenarien schlägt die Entwicklung alternative Pfade ein, bei denen das Bewusstsein von Bevölkerung und Wirtschaft für nachhaltige Mobilitätsziele mehr oder weniger ausgeprägt ist. Dabei zeigt sich, dass eine ressourceneffiziente Mobilität nur mithilfe von verkehrspolitischen Anreizen erreicht werden kann – und dies auch nur dann, wenn die gesellschaftliche Bereitschaft da ist, diese Massnahmen zu akzeptieren und mitzutragen.
Gerade hier kann die Digitalisierung einen entscheidenden Beitrag leisten. Von Shared-Mobility-Angeboten über intelligente Verkehrsinfrastrukturen und Verkehrsmanagementtools bis hin zum reibungslosen Betrieb von intermodalen Verkehrskonzepten und -angeboten, hat sie das Potenzial, das gesamte Mobilitätssystem effizienter und wirtschaftlicher zu machen. Und gleichzeitig so nutzungsfreundlich, dass sie gesellschaftliche Transformationsprozesse in Richtung eines nachhaltigeren Mobilitätsverhaltens fördert und vorantreibt.