Resilienz in einer vernetzten Welt

Von Christine D'Anna-Huber, asut

Die Zeichen stehen auf Sturm (123gif.de)

Wer am Morgen die Radionachrichten hört oder die Zeitung aufschlägt, kann sich manchmal dem Eindruck nicht erwehren, dass sich Krise an Krise reiht. Lernen wir denn nie dazu? Nein, sagt der renommierte Klimatologe Reto Knutti im Interview: Menschen tun sich notorisch schwer damit, auf der Basis von wissenschaftlichen Fakten und Prognosen vorausschauend zu handeln. Wer Krisen angemessen begegnen will, muss deshalb auch gesellschaftliche und politische Faktoren berücksichtigen. In turbulenten Zeiten und in einem immer komplexeren geopolitischen und wirtschaftlichen Umfeld wachsen die Herausforderungen an die Resilienz, die Fähigkeit, Krisen standzuhalten und zu bewältigen. Das konstatiert Peter Grütter in seinem Editorial und sieht gleichzeitig für die Schweiz darin eine riesige Chance: Denn in einer zunehmend vernetzten Welt könnte sie sich als das ruhige Auge im Sturm positionieren und sich auch im Bereich der Digitalen Gouvernanz als zuverlässige internationale Plattform positionieren.

Die Digitalisierung stützt die Standfestigkeit

Dass die Schweiz in Sachen Resilienz gute Karten hat, belegt das Deloitte Resilienz-Barometer 2022. Das hat viel mit der Digitalisierung zu tun: Der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg zeigt am Beispiel der Pandemie, wie sich die Resilienz als unverzichtbares Instrument zur Krisenbewältigung bewiesen hat. Ein flexibles und durchgehend digitalisiertes Staatswesen sieht auch Peter Grünenfelder, Präsident auto-schweiz und vormaliger Direktor von Avenir Suisse, als Voraussetzung für eine resiliente Schweiz. Er befürchtet allerdings, dass die Politik die dafür nötigen Reformen und Anpassungsprozesse unnötig blockiere. Die Politologin Regula Stämpfli hingegen sieht die Grundpfeiler (und damit die Resilienz) der Demokratie in Gefahr, wenn die Digtialisierung nicht dringend demokratisiert werde – ein paar radikale Lösungsvorschläge liefert sie gleich mit.

Resilienz als Wettbewerbsvorteil

Wie unverzichtbar resiliente Netze und Services für unsere Volkswirtschaft sind und mit welchen Herausforderungen ihre Bereitstellung verbunden ist, zeigt Daniela Decurtins, Direktorin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie, am Beispiel der Energieversorgung. In einer volatilen Welt müssen aber auch Organisationsstrukturen, Unternehmenskulturen und operative Prozesse agiler und anpassungsfähiger werden. Gordon Thomson, Vizepräsident Technology Acceleration beim Netzbetreiber Cisco, sieht Resilienz als Treiber solcher Transformationsprozesse, deren Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit für ihn wiederum untrennbar mit digitalen Innovationen verknüpft sind. Resilienz treibt Innovation: Michael Holzer von Huawei beweist, dass sich dieser Satz auch umkehren lässt. Der 5G-gesteuerte intelligente Eisenbahnlogistikterminal EWG im ungarischen Fényeslitke ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie innovative Übertragungstechnologien die Resilienz kritischer Infrastrukturen stärken können.

 

Christine D'Anna-Huber

Die Publizistin Christine D'Anna-Huber (cdh) ist Redaktionsleiterin des asut-Bulletins und Inhaberin des Textbüros cdh, Wissenschaft im Text.