Eine Frage, die auch das Publikum des Kolloquiums beschäftigte, ist die: Und was passiert mit den vielen Kundendaten, die in intelligenten Mobilitätssysteme anfallen? Sie haben das Potenzial, erläuterte Marco Laumanns, Projektleiter Transport und Operations Research bei IBM, wichtige Erkenntnisse über die Verkehrssysteme der Zukunft zu liefern und damit Hinweise auf geeignete Handlungsstrategien zu geben.
Grundsätzlich werden Daten in Wissenschaft und Technik dazu verwendet, Systeme besser zu verstehen. Laumanns ging der Frage nach, welche Erkenntnisse und welchen Zusatznutzen sich mittels Big-Data-Analysen und kognitiver Technologien aus Verkehrsdaten gewinnen lassen. Beispielsweise kann aus Daten verschiedenster Quellen (Smart-Card-Daten, Videodaten oder Mobilfunkdaten) ein kalibriertes Modell des gesamten Verkehrssystems nachgebaut werden. Das erlaubt es, Vorhersagen darüber zu machen, wie sich das System in einer bestimmten Situation verhalten wird. Zudem liefert das Modell Erkenntnisse für eine optimale Systemsteuerung, gibt also etwa Hinweise darauf, wie sich vorhersehbare Störungen minimieren lassen.
Die Zukunft sieht Laumanns in multimodalen komplexen Systemen, die einerseits vom Menschen lernen, den Menschen aber auch anleiten können, «eine Art Flugsimulator für den zukünftigen Verkehrsmanager». Im kürzlich gestarteten Forschungsprojekt Trans-Form, arbeitet ein internationales Konsortium mit der Unterstützung von Transportunternehmen und -organisationen aus Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Spanien und der Schweiz daran, die Dynamik solcher Systeme auch auf der Ebene von ganzen Regionen und Ländern zu verstehen. Aus den unterschiedlichen Daten können Handlungsstrategien zur Verkehrsteuerung berechnet werden, um zu einem System zu gelangen, das auf Steuerungen optimal reagiert, so dass seine Zuverlässigkeit jederzeit garantiert werden kann.
Doch auch auf Seite der Verkehrsnutzenden könnten kognitive, aus Big-Data-Analysen fortwährend lernende Systeme viel Nutzen stiften: Denkbar sind hier etwa ein persönliche Reisebegleiter, der mit uns in natürlicher Sprache kommuniziert, unsere Präferenzen kennt oder fortwährend lernt. Damit kann er vielleicht sogar unsere Absichten aus minimalen Inputs erkennen und auf dieser Basis extrem personalisierte Reiseempfehlungen gebenund natürlich im Hintergrund die Reise organisieren. Als weiteres Beispiel stellte Laumanns Olli vor, einen 3D-gedruckten, selbstfahrenden Minibus, der mit den Reisenden spricht und Entscheidungen trifft, die gleichzeitig sowohl die Bedürfnisse der Reisenden und die Situation im Gesamtsystem berücksichtigt.
«Big Data», sagt Marco Laumanns, «ist ein Fakt – also nutzen wir es!» Für ihn liegt es auf der Hand, dass zukunftsfähige Verkehrssysteme kognitiv sein müssen: Vorausschauend und selbstlernend, naht- und mühelos benutzbar für die Reisenden und vollautomatisiert, um Infrastruktur und Ressourcen bestmöglich einzusetzen.