44. asut-Seminar: Technologie als Rückgrat der Digitalisierung

Um ihre Stärken ausspielen zu können braucht die Digitalisierung innovative Köpfe, Unternehmergeist und Investoren. Doch ganz besonders, dies die Botschaft des 44. asut-Seminars, ist sie auf eine moderne, verlässliche und breit verfügbare Technologiebasis angewiesen. Unter dem Motto «Technology is key» bot der Top-Anlass der ICT-Branche mit über 900 Teilnehmenden aus Wirtschaft, Forschung, Bildung, Verwaltung, Politik und Medien einen aufschlussreichen Blick in den Maschinenraum der vernetzten Welt. Dabei war das Thema Security ebenfalls ein wichtiges Leitmotiv.

(cdh) – Wenn Technologie die treibende Kraft hinter der Digitalisierung ist und die Netzwerktechnologien ihr Herz, dann sollte ein Land wie die Schweiz, dessen Innovationskraft eine seiner wichtigsten und matchentscheidenden Ressourcen ist, «sich nicht ohne Not ins eigene Bein schiessen», eröffnete asut-Präsident Peter Grütter sein Grusswort. Er appellierte an die Politik, das Lebensexilir der Innovation nicht durch überstrenge Strahlengrenzwerte, schwerfällige Baubewilligungsverfahren und rigide Rahmenbedingungen unnötig zu erschweren. Damit sprach er Swisscom-CEO Urs Schaeppi und Olaf Swantee, CEO von Sunrise, aus dem Herzen. Im Gespräch mit Bruno Sauter, Chef des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, und Nationalrat Thomas Egger (CVP/VS), pochten die beiden Telko-Chefs ebenfalls darauf, die Politik dürfe den Ausbau der nötigen Infrastruktur nicht behindern und damit in Kauf nehmen, dass die Schweiz ins Hintertreffen gerate. Ihre Diskussionspartner konterten ähnlich wie Bundesrat Ueli Maurer in seiner engagierten Rede über die Chancen und Herausfoderungen der Digitalisierung in der Bundesverwaltung. Sie rühmten die Vorteile eines manchmal zwar etwas schwerfälligen, dafür aber solid demokratische Resultate hervorbringenden Staatswesens, dem es im Kern aber sicher nicht darum gehe, Innovation zu verhindern. Davon, dass neue Schlüsseltechnologien das Potenzial haben, den Werk- und Arbeitsplatz Schweiz attraktiver zu machen, ist also auch der Politik überzeugt. Sorgen bereitet ihr eher, ob die Telkos den Netzausbau auch in wirtschaftlich schwächeren Randregionen mit dem gleichen Eifer vorantreiben würden oder ob hier Regulierungsbedarf bestünde. Mitnichten konterten Sunrise und Swisscom: der eigenen Qualitätsansrpuch und der Wettbewerb seien die beste Grundversorgungsregulation.

 

Und die Sicherheit? «No risk, no fun». Das «Bonmot» von Bundesrat Ueli Maurer bezog sich zwar nur auf die Lehre, die er aus seinem unlängst erlittenen Velounfall gezogen habe. Doch im Lauf des Tages wurde es zum geflügelten Wort und zur Metapher dafür, dass der Umgang mit den neuen Schlüsseltechnologien und ihren Herausforderungen ein Quäntchen Mut und die Bereitschaft braucht, Neues auszuprobieren und aus Silos auszubrechen. Denn natürlich stellen neue Technologien wie das Internet der Dinge, die Blockchain oder die künstliche Intelligenz (KI) gewohnte Abläufe, Unternehmenskulturen und -strukturen teilweise auf den Kopf. Mit «No risk, no fun» konterte denn auch Monica Dell’Anna, Leiterin Geschäftsbereich Business Medien der NZZ-Mediengruppe, den Warnruf von Hannes Gassert. Für den Mitbegründer von opendata.ch und vielfachen Start-up-Gründer haben neue Technologien wie etwa die Blockchain nämlich auch ein beträchtliches Hype-Potenzial: «Es sollte uns in der Schweiz in erster Linie darum gehen, Wert zu schöpfen, nicht Geld», sagte Gassert.

Hype oder nicht: Wie heftig gerade im Bereich der KI und ihrer Anwendungen der weltweite Wettbewerb inzwischen entbrannt ist, zeigten die Referate von Caleb Lee, Head of Corporate Affairs Europe von Samsung Electronics, oder Alessandro Curioni, IBM Fellow und Direktor des IBM-Forschungszentrums eindrücklich. Gesichtserkennung, Einkaufen ohne Kreditkarte oder Bargeld: Samsung will smarte Konnektivität laut Lee bis 2020 in alle seine Devices integrieren und dafür mindestens 1000 neue Stellen für KI-Experten schaffen. Für Curioni hingegen ist klar, dass nur die Künstliche Intelligenz uns dabei helfen kann, aus den ungeheuren Datenmengen, die in einer immer stärker vernetzten Welt anfallen, hilfreiche Schlüsse zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme zu ziehen, beispielsweise im Gesundheitswesen. Dabei versteht der IBM-Forschungschef KI nicht als Bedrohung für den Menschen: «Sie wird ihn nicht ersetzen, sondern nur einfach seine intellektuellen Fähigkeiten verstärken.» Beispielsweise indem er seine rhetorischen Fähigkeiten in der Diskussion mit dem IBM-Debater schärft.

 

Marianne Janik, General Manager Microsoft Schweiz, vertrat die Ansicht, dass kleinere Unternehmen für die Herausforderungen der Digtialisierung paradoxerweise besser gerüstet seien als grössere, weil sie Veränderungen oft schneller und agiler bewältigen könnten. Gerade in der Schweiz, deren wirtschaftliches Rückgrat die KMU bildeten, seien bisher aber nur wenige Unternehmen digital fit. Schuld daran sei einerseits der Fachkräftemangel. Andererseits sei viel zu oft der Zufall im Spiel: Nur dort, wo ein digital affiner Juniorchef am Werk ist, wird die Digitalisierung auch erfolgreich angepackt und das ganze Unternehmen auf die digitale Reise eingestimmt und mitgenommen.

Dass der digitale Wandel für agile Schweizer Unternehmen eine grosse Chance darstellen kann, zeigten Urs Riedener, Konzernchef der Emmi Gruppe, sowie Michael Mueller, CEO der Convenience-Anbieterin Valora. Letztere schöpft die technologischen Möglichkeiten gezielt aus, um ihren Kunden neue Einkaufserlebnisse zu bieten, sie effizienter zu bedienen und ihre Treue mit massgeschneiderten Angeboten zu belohnen. Emmi, die Nummer eins unter den Schweizer Milchverarbeitern hingegen nutzt digitale Technologien, um Prozesse entlang ihrer Wertschöpfungskette zu harmonisieren, Produkte zu optimieren und neue Geschäftsfelder zu identifizieren. Bei den Ausführungen beider wurde klar, wie sehr der Erfolg digitaler Technologien – und zwar bei der eigenen Belegschaft ebenso wie bei den Kunden – von einer sicheren Infrastruktur abhängt.

«No risk, no fun»: Insbesondere dort, wo es um künstliche Intelligenz und das Internet of Things geht, trifft das geflügelte Wort von Bundesrat Ueli Maurer nämlich nicht zu. Dort gilt, was Caleb Lee von Samsung im Berner Kursaal sagte: «Wer sehr schnell mit einem autonomen Fahrzeug unterwegs ist, der muss sich blind auf dessen Cybersicherheit verlassen können. Nur dann werden sich die Menschen vertrauensvoll auf IoT-Produkte  und KI-Anwendungen einlassen.» Die vernetzte Welt von morgen braucht Sicherheit. Rennvelos für mutige Bundesräte wird es aber wohl weiterhin geben.

Die Referate sind auf der asut-Website verfügbar.