Von A wie Automatisierung bis Z wie Zahlungsprozesse

 

Automatisierung von Verträgen

Fahrräder, Wohnungs-, Büro- oder Autotüren: Wer das Recht hat, ein bestimmtes Objekt zu entsperren, wird einfach, zusammen mit den genauen Bestimmungen des Mietvertrags in der Blockchain hinterlegt. Ohne zentralen Anbieter kann so mithilfe von Smart Contracts leicht nachverfolgt werden, wer gerade Zugriff haben soll und wer nicht. In der Blockchain könnte ein völlig dezentral organisiertes System wie die intermodale Mobilität (vom Fahrrad eine Anbieters aufs Taxi eines anderen, dann auf den Bus in einer Region, mit dem Zug in eine andere und schliesslich mit dem Mietauto ans Ziel) ohne Medienbruch organisiert werden. Auch Autohersteller sind daran, die Blockchain in ihre Fahrzeuge zu integrieren, um die Fahrdaten der Kunden zu verwalten und Fahrgemeinschaften, Maut- und Staugebühren und andere kommerzielle Transaktionen zu regeln.


Diplome und Zertifikate

Die Blockchain könnte es Universitäten, Institutionen oder auch öffentlichen Ämtern erlauben, unverfälschbare Diplome und Zertifikate auszustellen, die einfach mit einem persönlichen Schlüssel abgefragt werden können. Weltweite Verfügbarkeit ohne notarielle Beglaubigung und ohne aufwendigen Originalversand wäre somit möglich. Das MIT hat ein erstes Projekt dazu gestartet. Auch Studierende der Frankfurt School of Finance & Management  können ihre Abschlüsse im Rahmen eines Pilotprojekts mit der Blockchain-Technologie nachweisen. Die Zeugnisse werden auf einer Blockchain nicht zwangsläufig veröffentlicht, sondern auf den Rechnern zahlreicher Netzwerkteilnehmer in Kopie gespeichert. Die Kopien können so verschlüsselt werden, dass der Besitzer eines bestimmten Knotenpunkts in dem jeweiligen Netzwerk fallweise selbst entscheiden kann, welche Zeugnisse oder Bewertungen er oder sie für welche anderen Netzwerkteilnehmer sichtbar macht.

Energie

Die Blockchain kann die dezentrale Stromgewinnung und den freien Energiemarkt unterstützen. Ein Beispiel dafür ist das Unternehmen Brooklyn Microgrid. Es erprobt derzeit ein System, mit dem private Solarstrom-Produzenten untereinander handeln können. Der erste lokale Strommarkt der Schweiz ist das Pilotprojekt «Quartierstrom» (siehe Artikel nächste Seite). Durch eine automatische Protokollierung auf der Blockchain soll schnell ersichtlich sein, wer im letzten Abrechnungszeitraum wie viel Strom produziert oder verbraucht hat. Weil die Daten dezentral gespeichert werden, sind die Stromproduzenten unabhängig von den Stromkonzernen und können trotzdem sicher sein, dass keiner den anderen betrügt. Hat das System dann irgendwann genug Mitglieder, kann auch ein grösserer Stromanbieter problemlos integriert werden.


E-Voting

Wer über das Internet Abstimmungen durchführen möchte, hat oft Schwierigkeiten, sicherzustellen, dass niemand unrechtmässig abstimmt oder die Abstimmungsergebnisse nachträglich manipuliert. Mit der Blockchain können die Abstimmungen jederzeit nachvollzogen und kaum nachträglich verändert werden. Es gibt bereits zahlreiche Projekte in verschiedenen Stadien wie etwa Netvote oder Votebook,

Gesundheitswesen

Elektronisches Patientendossier der zweiten Generation: Der Patient behält die Hoheit über seine Daten – die Blockchain verwaltet lediglich den Zugang und entsorgt den Datenzugriff wieder nach Gebrauch. Da die Blockchain so eingerichtet werden kann, dass nur bestimmte Personen Zugriff auf die Daten haben und man trotzdem das weltweit verteilte Netz verwenden kann um die Daten zu lagern, ist es perfekt dazu geeignet sensible Daten zu speichern. Somit können Patientenakten, Krankheitsverläufe, Berichte und vieles mehr in der Blockchain gespeichert werden und nur dann für jemanden freigeschaltet werden, wenn dieser diese Informationen auch bekommen darf.

Identitätsmanagement

Durch die stets wachsende Anzahl digitaler Dienste im Internet und die damit verbundene Menge an Anmeldedaten gewinnt das Management digitaler Identitäten permanent an Bedeutung. Digitale Identitäten können und sollen in der Zukunft sogar physische Ausweise ersetzen. Mit der Blockchain-Technologie könnte es gelingen, die Idee einer digitalen Identität umzusetzen, die unter der vollständigen Kontrolle des Anwenders steht, ohne eine zentrale Kontrollinstanz. So würden die Menschen die Kontrolle über ihre Daten zurückerhalten und könnten selbst entscheiden, wem sie welche Daten übermitteln wollen. Und sobald sie einmal bewiesen haben, wer sie sind und diese Information fälschungssicher in der Blockchain hinterlegt sind, können sie diese Information immer wieder verwenden, ohne ihre Daten immer wieder neu verifizieren, registrieren und speichern zu müssen. Die Blockchain-basierte digitale Identität, die die Stadt Zug ihren Bürgerinnen und Bürgern seit November 2017 anbietet, ist eines der ersten konkreten Pilotprojekte.


Internet of Things (IoT)
Als dezentrale, unabhängige und übergeordnete Instanz scheint die Blockchain prädestiniert dazu, die digitale Vernetzung von smarten Objekten über intelligente Dienste zu verwalten und die Interaktion zwischen Mensch und Maschine oder Maschine und Maschine zu verbessern. Mittels Smart Contracts könnten so im IoT eindeutige Vereinbarungen zwischen den vernetzten Things (Maschinen, Sensoren etc.) getroffen werden, die in beide Richtungen geprüft funktionieren. Maschinen könnten so ihre Dienstleistungen unabhängig vom Hersteller anbieten und mit ihrem Nutzer abrechnen und das verdiente Geld dezentral speichern oder Wartungsbedarf anmelden und Material nachbestellen.


Künstler, Medien & Werbung

Die faire Entgeltung von Urheberrechten im Internet ist problematisch – davon können Künstler, Autoren oder Designer ein (trauriges) Lied singen. Hier könnten Smart Contracts Abhilfe bieten: digitale Inhalte (Songs, Software, Logos, Bilder, Texte) würden in die Blockchain eingeschrieben und ihre Verbreitung in Echtzeit nachverfolgt und via Pay-Per-Use-Lösungen präzise und für beide Seiten transparent abgerechnet.

Logistik

Blockchain kann speziell für die Supply Chain eine grosse Rolle spielen. Einfache Verträge und kontinuierliches Tracking der Güter werden wesentlich vereinfacht. So können Güter in Containern leicht an verschiedene Parteien übertragen, aufgeteilt oder neu verteilt werden. Im Januar 2018 verkündeten die dänische Reederei Maersk und IBM ein Joint Venture sowie die Einführung einer globalen Schiffshandelsplattform auf Basis einer Blockchain. Damit sollen erhebliche Vereinfachungen realisiert, Ineffizienzen in der Abstimmung verschiedener Organisationen beseitigt werden, Verwaltungs- und  Transportkosten reduziert werden.

Versicherungen

Blockchain und Smart Contracts bieten auch Versicherern die Möglichkeit, Verträge und Schadensabwicklung transparent zu regeln. Dabei würden alle Verträge und alle Schadensersatzforderungen durch das Netzwerk verwaltet und falsche Schadensersatzansprüche herausgefiltert. In der Beta-Version läuft zum Beispiel bereits eine Versicherung für Flugverspätungen (Fizzy) von Axa. Via Smart Contracts reagiert sie in Abstimmung mit einer Flugverkehrsdatenbank automatisch, sobald sich der gebuchte Flug um mehr als zwei Stunden verspätet. Dann wird, ohne Schadenmeldung und Interventionen durch den Kunden, das vordefinierte Prozedere der Schadenabwicklung ausgelöst und der Versicherungsnehmer erhält die vereinbarte Entschädigung automatisch ausbezahlt.

Gesundheitskur für das World Wide Web?

Internet ist ursprünglich dezentral organisiert. Mittlerweile dominieren aber ein paar grosse Unternehmen das World Wide Web. Das Projekt Interplanetary-File-System (IPFS) zielt darauf, eines Tages das alte Protokoll HTTP zumindest teilweise zu ersetzen. Dateien, die heute auf den Webservern liegen, sollen in einer verteilten Blockchain gespeichert und ähnlich wie bei Bittorrent peer-to-peer ausgeliefert werden.

Zahlungsprozesse

Mit Bitcoin will ein Grossteil der Finanzindustrie nichts zu tun haben, der Blockchain ist sie aber durchaus zugetan. Um zu betonen, dass die Probleme des einen mit dem anderen a priori nichts zu tun haben, spricht sie aber lieber von «Distributed-Ledger-Technologie» als von Blockchain-Anwendungen. Von denen gibt es im Finanzbereich zuhauf: Denn gerade im Zahlungsverkehr und im Wertpapierhandel, wo Daten fortlaufend anfallen und manipulationssicher aufbewahrt werden müssen, ist die Möglichkeit, in der Blockchain genaue Clearing- und Settlement Funktionen einzuschreiben und automatisch zu verwalten, attraktiv.