Höheren Anforderungen gewachsen

Von Mohammad Shahbaz

Der stetige Anstieg des Datenverkehrs in den Mobilfunknetzen stellt immer höhere Anforderungen an die Systemkapazität und die spektrale Effizienz. Die konventionellen Methoden zur Kapazitätssteigerung stossen an ihre Grenzen, wie z.B. mehr Spektrum, zusätzliche Antennenstandorte, höhere Signalmodulation. Einerseits ist das Spektrum ein knappes Gut, anderseits ist die Kapazität der Luftschnittstelle physikalisch limitiert. Darüber hinaus sind der Aufbau neuer Standorte zur Kapazitätssteigerung und bessere Diensteverfügbarkeit aus genehmigungstechnischen, regulatorischen, ökonomischen und zeitlichen Gründen nicht immer zu realisieren.

Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Technologie lautet die Lösung und schafft schon bei 4G Abhilfe. MIMO verwendet mehrere Antennen am Sender und Empfänger in Kombination mit Signalverarbeitungstechniken. Die Fähigkeit von MIMO, die spektrale Effizienz zu verbessern, hängt eng mit der Anzahl der Sende- und Empfangs-Antennen zusammen (2T2R, 4T4R, 8T8R). 5G massive MIMO, im Folgenden Adaptive Antenne genannt, erhöht die Anzahl der Antennen erheblich (32T32R bzw. 64T64R). Die Adaptive Antenne steigert die Systemkapazität und die spektrale Effizienz durch die Empfangs-Diversität (Single-User MIMO), die Beam-Formung und den räumlichen Multiplexing-Gewinn (Multi-User MIMO).

Im Unterschied zu den konventionellen Antennen, die in der Regel einen breiten Sektor um den Antennenstandort versorgen, setzen die adaptiven Antennen die Interferenzen (gegenseitige Störung der Signale) kontrolliert ein, um räumlich nur einen bestimmten Bereich der Zelle zu versorgen.

 

 

Die Beam-Formung verwendet mehrere Antennen, um die Form und Richtung einer Wellenfront durch geeignetes Gewichten der Grösse und Phase einzelner Antennensignale zu steuern. Das heisst, dass das gleiche Signal von mehreren Antennen gesendet wird, zwischen denen ausreichend Platz ist (mindestens ½ Wellenlänge). An jedem beliebigen Ort empfängt der Empfänger somit mehrere Kopien desselben Signals. Abhängig von der Position des Empfängers können sich die Signale in entgegengesetzten Phasen befinden, die sich gegenseitig destruktiv mitteln oder konstruktiv zusammenfassen, wenn sich die verschiedenen Kopien in derselben Phase befinden. Je mehr Antennen vorhanden sind, desto schmaler ist der Beam und desto flexibler ist die Steuerung der Beam-Richtung.

 

           

 

Da die Beams nur einen kleineren räumlichen Teil der Zelle versorgen, stellen sie die in der Zelle verfügbaren Zeit-/Frequenzressourcen gleichzeitig für andere Nutzer zur Verfügung. Man spricht hier von einem Paaren der Nutzer, welches von der Verteilung der Nutzer in der Zelle abhängig ist. Die gleichzeitige Mehrfachnutzung derselben Zeit-/Frequenzressourcen für verschiedene Nutzer wird auch als MU-MIMO bezeichnet. Hierdurch wird die Kapazität bzw. spektrale Effizienz erhöht.

Falls das Endgerät über mehrere Sende- und Empfangsantennen verfügt, kann über räumlich getrennte Pfade die Datenrate proportional zur Anzahl der Empfangsantennen des Endgerätes vervielfacht werden, was als SU-MIMO bezeichnet wird.

Darüber hinaus wird durch die flexible Steuerung der Beams in vertikaler Richtung eine bessere Diensteverfügbarkeit in der Ferne sichergestellt. Das bedeutet eine Verbesserung der Netzabdeckung.

Durch das Beam-Management ist die Basisstation in der Lage, die schmalen Beams auf der Grundlage der Kanal-/Signaleigenschaften getrennt zu verwalten und die besten Beams für das Endgerät auszuwählen (Beam folgt dem Nutzer), wodurch die Netzabdeckungsleistung für jeden Kanal-/Signaltyp und somit das Nutzererlebnis verbessert wird.

Die adaptiven Antennen erzeugen im Allgemeinen zwei Typen von Beams:

  1. Statische Beams verwenden vordefinierte Gewichte für die Beam-Formung, die durch Eigenschaften wie Anzahl, Breite und Richtung charakterisiert sind. Der beste Beam wird dann für jeden Kanal / jedes Signal gemäss Informationen wie Zellabdeckung, Endgeräte-Verteilung und Systemlast ausgewählt, so z.B. Broadcast-Beams und Steuerungskanal-Beams.
     
  2. Dynamische Beams verwenden Gewichte, die basierend auf der Kanalqualität für die Beam-Formung berechnet werden, um dynamisch die Breiten und Richtungen der Beams in Abhängigkeit von Faktoren wie Endgeräte-Positionen und Kanalstatus zu ermöglichen, wie z.B. Traffic Beams.

Bei 5G erfolgt die Netzabdeckung Beam-basiert und nicht Zell-basiert. Es gibt keinen Referenzkanal auf Zellebene, von dem aus die Netzabdeckung der Zelle gemessen werden könnte. Stattdessen verfügt jede Zelle über einen oder mehrere SSB-Beams (Synchronization Signal Block). SSB-Beams sind statisch und weisen immer in dieselbe vordefinierte Richtung. Sie bilden eine Art Gitter und durchleuchten zeitlich nacheinander den gesamten Zellbereich.

 

 

Sobald sich ein Endgerät im Netz anmelden möchte, sucht und misst es die empfangbaren SSB-Beams, wobei es einen Satz von Kandidaten beibehält. Die gemessenen Metriken für jeden Beam sind Signalstärke, Signalqualität und Signal-Interferenz-Rauschen-Verhältnis. Die physische Zell-ID und die Beam-ID dienen der Identifizierung der Beams. Anschliessend berichtet das Endgerät der Basisstation über das Messergebnis mittels eines Sounding Referenzsignals (SRS). Hierdurch erfährt die Basisstation die Kanalqualität im Uplink und kann reziprok die Kanalqualität im Downlink abschätzen und den Traffic-Beam in Richtung Endgerät passend formen.  

Auch die Basisstation kann dem Endgerät über ein Kanalstatus-Referenzsignal Optionen schicken (CSI-RS), aus denen das Endgerät eine Auswahl trifft und mittels eines Indikators (PMI) antwortet. Danach kann die Basisstation gemäss Code-Buch den geeigneten Beam formen, über den die Nutzerdaten zum Endgerät übertragen werden.

Die Basisstation kann so auch Beams in eine bestimmte Richtung verbieten bzw. deren Reichweite reduzieren.

Eine dynamische Kombination der beiden Verfahren erhöht die Präzision, Effizienz und Effektivität der adaptiven Antenne.

 


 

Die adaptive Antenne stellt eine innovative Lösung für die heutigen und zukünftigen Mobilfunknetze dar. Sie ermöglicht es, Ressourcen durch die intelligente Steuerung der Zellausleuchtung effizient zu nutzen. Die adaptive Antenne ist somit ein Garant für das bestmögliche Nutzererlebnis. Denn erst mit den adaptiven Antennen kann das neue 5G-Funknetz sein volles Potential entfalten und die Anforderungen der unzähligen 5G-Anwendungsfälle ökologisch und ökonomisch unter Einhaltung der regulatorischen Bedingungen intelligent erfüllen.

 

Mohammad Shahbaz

Mohammad Shahbaz ist Chief Network Officer bei Huawei Technologies.