Neben Regen auch Daten aus der Cloud

Daten werden zunehmend vom Traktor, irgendwo auf dem Feld, direkt über die Cloud ausgetauscht. (Bild: Swiss Future Farm)

 

Von Thomas Anken

Daten aus der Cloud gewinnen in der Landwirtschaft eine immer grössere Bedeutung. Die neuen Technologien kommen den dezentralen Strukturen der Landwirtschaft stark entgegen, da Daten ortsungebunden, irgendwo in Feld und Stall über die Cloud ausgetauscht werden können. Es ist heute schon eine Selbstverständlichkeit, dass Melkroboter, Traktoren und viele andere Geräte ihre Daten direkt über das Internet bewirtschaften.

Für Konsumentinnen und Konsumenten sind heute nicht nur Qualitätskriterien wie Frische, Aussehen oder Aroma eines Lebensmittels wichtig. Zunehmend möchten sie auch über die Produktionsweise eines Produktes Bescheid wissen. Nach welchen Richtlinien, auf welchem Hof und mit welchen Hilfsstoffen wurde ein Lebensmittel produziert? Bereits heute werden gewisse regionale Produkte unter Angabe des Bauernhofes, auf dem sie hergestellt wurden, vermarktet. Dies bringt unweigerlich ein sehr aufwändiges Datenmanagement mit sich, weil Daten aus Feld und Stall bis hin zu den Konsumenten übermittelt werden müssen. Mit rein lokalen Speichersystemen ist das kaum möglich. Datenclouds werden daher zu einem wichtigen Baustein solcher Lösungen.

Labels und ökologische Leistungsnachweise basieren auf Daten

Das heutige System der unterschiedlichsten Labels – von Bio über IP-Suisse bis hin zu Global Gap oder dem ökologischen Leistungsnachweis der Schweiz – erfordert umfangreiche Daten. Landwirtinnen und Landwirte müssen die Verwendung von Hilfsstoffen wie Dünger, Pflanzenschutzmittel oder Arzneimitteln dokumentieren und daraus unterschiedlichste Nachweise wie Nährstoffbilanzen oder Anwendungsjournale erstellen. Diese Dokumentation reichen sie dann bei den entsprechenden Organisationen und Behörden ein, wo die Daten ausgewertet und teilweise auch direkt auf den Produkten ausgewiesen werden. So nimmt die Transparenz in der Produktion fortwährend zu und immer öfter wird die Datenbrücke direkt vom Hersteller zu den Konsumentinnen und Konsumenten geschlagen – zum Beispiel, indem der Herstellungsbetrieb auf den Produkten ausgewiesen wird. Für die regionale Wertschöpfung ist dies eine grosse Chance, da die Produkte eine unverwechselbare Identität erlangen und die Kundenbindung verstärkt wird. Was vor Jahren noch ein Wunschtraum war, entwickelt sich so langsam zu einem wichtigen Geschäftsmodell.

Landwirtschaft nutzt Clouds schon vielfach

Melkrobotern, Traktoren, Mähdreschern und vielen anderen Maschinen ist gemein, dass sie zunehmend Daten in die Cloud schicken, die dort unterschiedlichsten Zwecken dienen. Beispielsweise lassen sich Mähdrescher auf Basis ihrer Betriebsdaten besser auslasten; bei Störungen sendet der Melkroboter ein Alarmsignal; Bewässerungsanlagen verknüpfen die Bewässerungssteuerung mit den Wetterprognosen etc. Solche Anwendungen sind heute in der landwirtschaftlichen Produktion schon sehr zahlreich und laufend kommen neue Ideen hinzu. Diese Datenverknüpfungen öffnen neue Wege, die Produktion effizienter und ressourcenschonender zu gestalten. Dabei kommen dem Mobilfunk und dem Internet als Datendrehscheibe eine zentrale Funktion zu. Daten erheben, per Mobilfunk in die Cloud schicken und per Internet verwalten, ist aus der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken.

Farm-Management-Informationssysteme werden immer wichtiger

Die Bewirtschaftung der eigentlichen Produktionsdaten erfolgt dabei zunehmend über Farm-Management-Informationssysteme. Dies sind umfangreiche Plattformen, die die vielschichtigen Daten aus Feld und Stall abspeichern, entsprechend der geltenden Vorschriften abgleichen und es den Landwirtinnen und Landwirten in Zukunft womöglich erlauben, ihre Daten gezielt an den Bund und die nachgelagerte Sektoren weiterzuleiten. Ein umfangreiches Projekt für das digitale Monitoring von Nährstoff- und Pflanzenschutzmitteldaten (dNPSM) wurde durch das Bundesamt für Landwirtschaft initiiert und ist in Arbeit. Die grosse Herausforderung besteht darin, das Projekt den Bedürfnissen der verschiedensten Akteure entsprechend umzusetzen. Eine Fachgruppe «Agrardaten» ist derzeit daran, die notwendigen Richtlinien für die Datenstandardisierung zu erarbeiten. Das Beispiel zeigt, dass solche umfassenden Visionen nicht mehr nur Zukunftsmusik sind, sondern bereits ernsthaft angegangen werden.

Nahrungsmittel mit digitalem Fingerprint

Nachdem das Internet der Dinge in der Landwirtschaft schon vielerorts zu finden ist und zweifelsfrei noch viel mehr Terrain erobern wird, bieten Cloudtechnologien nun zudem die Möglichkeit, unterschiedlichste Datenquellen ungebunden von Ort und Zeit miteinander zu verknüpfen. Für die Optimierung der komplexen, vielschichtigen Produktionsprozesse in der Landwirtschaft bieten sie einen zentralen Schlüssel – denn ohne digitale Daten lassen sich heute praktisch keine Lebensmittel mehr herstellen und vermarkten.

 

 

Thomas Anken

Dr. Thomas Anken ist Leiter der Forschungsgruppe «Digitale Produktion» beim Schweizerischen Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung Agroscope in Tänikon.