Bundesrat schafft Grundlagen für Schweizer Datenökosystem

Von Jürg Wüst, Bundeskanzlei

Daten sind eine zentrale Grundlage für die gesellschaftliche Wohlfahrt, den wirtschaftlichen Erfolg und den wissenschaftlichen Fortschritt der Schweiz. Daten erzeugen dann am meisten Wert, wenn sie über Sektoren hinweg für verschiedene Anwendungsfälle genutzt werden können.

Die Corona-Pandemie hat der breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht, welchen Nutzen Daten entfalten können, wenn man sie sektorenübergreifend nutzen kann. Wie verändern sich die Infektionszahlen, wenn Menschen reisen und Kinder sich in Schulklassen vor Ort treffen? Mobilitäts- und Bildungsdaten lieferten in diesem Beispiel gemeinsame Grundlagen, um informierte gesundheitspolitische Entscheide zu fällen.

Die Mehrfachnutzung von Daten ist heute in vielen Fällen komplex, aufwändig oder aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen und fehlendem Vertrauen nicht möglich.[1] Sie birgt jedoch vielfältige Chancen und Nutzen:

  • Für Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung kann sie Innovation fördern sowie die Qualität, die Geschwindigkeit und die Effizienz von Dienstleistungen verbessern.
  • Durch die Umsetzung des «Once-Only-Prinzips» kann die administrative Belastung von Personen und Unternehmen gesenkt werden (Daten sollen möglichst nur einmal erfasst werden.)[2]
  • Im Bereich der Gesundheitsforschung kann die Mehrfachnutzung von Daten zur Entwicklung von neuen, effektiveren und effizienteren sowie individualisierten Therapien verwendet werden.
  • Im Bereich der Mobilität kann sie zu einem insgesamt effizienteren Mobilitätssystem beitragen.
  • Die Wirtschaft wiederum kann Daten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation nutzen.

Fokus auf Sekundärnutzung, Verhaltenskodex und Anlaufstelle

Damit Daten mehrfach genutzt werden können, braucht es Interoperabilität[3] zwischen den Systemen und Vertrauen in die mehrfache Datennutzung. Der Bund ist daran, Datenräume zu schaffen, innerhalb derer der Datenaustausch dank vertrauenswürdiger und interoperabler Rahmenbedingungen gefördert wird. Die Summe aller Datenräume bildet das Datenökosystem Schweiz. Zum Datenökosystem Schweiz hat der Bundesrat am 8. Dezember 2023 im Wesentlichen folgende Massnahmen beschlossen:

  • Umsetzung der Motion 22.3890 «Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten». Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wird rechtliche Grundlagen für die Sekundärnutzung von Daten erarbeiten. Die Vernehmlassungsvorlage ist per Ende 2026 vorgesehen.
     
  • Verhaltenskodex für vertrauenswürdige Datenräume. Der Bundesrat hat einen Verhaltenskodex für den Betrieb vertrauenswürdiger Datenräumen gutgeheissen[4]. Dieser gilt als Empfehlung für die Bundesverwaltung, ist aber rechtlich nicht verbindlich. Er dient weiteren Akteuren aus Privatwirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft als Orientierung und steht diesen zur Unterzeichnung offen.
     
  • Aufbau einer zentralen Anlaufstelle Datenökosystem Schweiz. Diese Stelle koordiniert den Aufbau von sektoriellen Datenräumen (bspw. Gesundheit, Landwirtschaft, etc.), ergreift Massnahmen zur Sicherstellung der Interoperabilität und Vertrauenswürdigkeit und konzipiert zentrale Infrastrukturkomponenten. Sie wird bei der Bundeskanzlei angesiedelt und soll voraussichtlich per Ende 2024 ihren Betrieb aufnehmen. 

In den nächsten Monaten wird der Bund die ersten rechtlichen, organisatorischen, semantischen und technischen Grundlagen für das Datenökosystem Schweiz erarbeiten. Die Ergebnisse sollen für die Allgemeinheit zugänglich publiziert werden. An der Umsetzung wesentlich beteiligt sind mehrere Stellen: Der Bereich Digitale Transformation und IKT-Lenkung der Bundeskanzlei, das Bundesamt für Statistik, das Bundesamt für Kommunikation, die Direktion für Völkerrecht, das Bundesamt für Justiz sowie die Geschäftsstelle der Digitalen Verwaltung Schweiz. Zudem ist der Einbezug weiterer relevanter Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vorgesehen.

Das Datenökosystem im internationalen Kontext

Die Datenpolitik des Bundes basiert auf zwei Säulen: Einerseits soll die (mehrfache) Datennutzung ermöglicht und Chancen der Digitalisierung zum allgemeinen Fortschritt genutzt werden. Andererseits müssen dabei der Daten- und Informationsschutz sowie der Schutz von geistigem Eigentum sichergestellt sein. Diese Elemente sollen mit dem Datenökosystem Schweiz weiter gestärkt werden. Dabei darf die Schweiz kein geschlossenes Daten-Silo bilden, sondern muss sich an internationalen Grundlagen orientieren, um auch zu anderen Ländern anschlussfähig zu sein (zum Beispiel von GAIA-X oder IDSA[5] und DSSC[6]). Datenräume sollen folglich auch auf internationaler Ebene interoperabel sein. Dabei setzt sich die Schweiz auch international für die digitale Selbstbestimmung des Einzelnen und die digitale Souveränität im Allgemeinen ein.

Das Datenökosystem Schweiz soll also interoperabel, international anschlussfähig und nachhaltig sein. Es bildet einen vertrauenswürdigen Rahmen für Datenräume, in denen Daten (mehrfach) genutzt werden können – für die gesellschaftliche Wohlfahrt, den wirtschaftlichen Erfolg und den wissenschaftlichen Fortschritt der Schweiz.

 


[1] Bericht «Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung»: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-87780.html

[2] «Once-Only-Prinzip»: Daten sollen möglichst nur einmal erfasst werden. Siehe z.B. Medienmitteilung des Bundesrates vom 10.12.2021 zu den Grundlagen der Datenpolitik: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-86392.html

[3] Interoperabilität bezeichnet die Fähigkeit der nahtlosen Zusammenarbeit unabhängiger, heterogener Organisationen und Systeme, ohne dass dazu im Einzelfall gesonderte Absprachen notwendig sind.

[4] Verhaltenskodex für vertrauenswürdige Datenräume: https://www.bakom.admin.ch/bakom/de/home/digital-und-internet/strategie-digitale-schweiz/datenpolitik/verhaltenskodex.html

[5] International Data Space Association: https://internationaldataspaces.org/

[6] Data Space Support Center: https://dssc.eu/

 

 

Jürg Wüst

Jürg Wüst ist stellvertretender Leiter der Sektion Architektur und Interoperabilität im Bereich Digitale Transformation und IKT-Lenkung der Bundeskanzlei. Er verantwortet in der Bundeskanzlei die Entwicklung des Datenökosystems und führt die verschiedenen zugehörigen Initiativen des Bundes.