Über den Tellerrand hinausgeschaut

Von Philipp Büchi, Eraneos Switzerland AG

Die Gebäudeautomation (GA) spielt eine zentrale Rolle bei der Optimierung der Gebäudeeffizienz, der Erhöhung der Sicherheit und der Steigerung des Komforts. Die dabei generierten Daten – von Energieverbrauchsmessungen, über Informationen zur Raumbelegung, hin zu den Zustandsdaten der technischen Systeme – sind ein wertvoller Schatz, der weit über die herkömmliche Anwendung in der GA hinausgeht.

Die Herausforderung liegt jedoch in der Strukturierung und Analyse dieser Daten, oder sogar in der Kombination mit weiteren Datenquellen. Unsere Kunden stehen oft vor der Herausforderung, wie aus der Fülle der erfassten Informationen wertvolle Erkenntnisse extrahiert und wertschöpfende Anwendungsfälle realisiert werden können, die den Betrieb und die Nachhaltigkeit von Immobilien grundlegend verbessern.

Eine wesentliche Hürde liegt dabei oft in der fehlenden Gesamtsicht. Dies ergibt sich häufig aus der Tatsache, dass Daten in verschiedenen Silos vorliegen – sei es durch unterschiedliche Softwarelösungen, Prozesse oder einfach aufgrund unternehmensinterner Schnittstellen. Zudem sind GA-Systeme historisch objektbezogen aufgebaut und haben meist keine angebundenen externen Quellen, die viele zusätzliche Information bieten könnten. Diese Fragmentierung verhindert nicht nur den einfachen Zugang zu wichtigen Informationen, sondern erschwert auch eine konsistente Analyse und Anwendung der Daten auf übergreifender Ebene.

Datensilos aufbrechen 

Zur Überwindung dieser Herausforderungen ist es entscheidend, Datensilos aufzubrechen und einen integrierten Ansatz für die Datenstrategie zu entwickeln. Dies erfordert eine sorgfältige Konsolidierung und Standardisierung der Datenformate sowie die Implementierung robuster Systeme zur Datenvalidierung, um die Integrität und Genauigkeit der Informationen sicherzustellen. Diese Punkte können am besten in einer Data-Governance definiert werden.

Ein Beispiel einer erfolgreichen Umsetzung ist der Aufbau einer einheitlichen Datenplattform in der Flugbranche, welche Daten aus allen Ebenen der Automatierungspyramide (SCADA-Pyramide) sowie unterschiedlicher GA-Systeme in der Cloud zusammenführt. Durch die Erstellung eines digitalen Zwillings, der eine digitale Repräsentation der physischen Gebäudedaten ermöglicht, wurde nicht nur die Zugänglichkeit und Analyse der Daten verbessert, sondern auch eine solide Basis für effiziente und nachhaltige Immobiliennutzung geschaffen.

Ein weiteres Beispiel aus der Immobilienbranche zeigt, wie durch die Integration von GA-Daten, Objekt- und Asset-Management-Daten sowie externen Daten ein digitaler Zwilling für das ESG-Reporting genutzt werden kann. Dies unterstreicht die Bedeutung einer fortschrittlichen anwendungsfallbezogenen Datenintegration und -analyse für fundierte Entscheidungen und eine optimierte Gebäudenutzung.

Die Konvergenz der Leittechnik in der Cloud und die Standardisierung von Datenformaten und Schnittstellen sind dabei entscheidende Schritte. Sie ermöglichen es, Daten effektiv zu sammeln, zu analysieren und umzusetzen, was zu einer verbesserten Transparenz, fundierten Entscheidungen und letztendlich zu einer optimierten und nachhaltigeren Nutzung der Gebäude führt.

Das Eraneos Digital Twin Modell


Die Überwindung der Herausforderungen in der Datenintegration ebnet den Weg für die Realisierung einer Vielzahl von Anwendungsfällen, die den Betrieb, die Effizienz und den Komfort in Gebäuden nachhaltig verbessern können. Zu diesen Anwendungsfällen gehören:

  • Predictive Maintenance: Verringert Ausfallzeiten und Wartungskosten durch die Vorhersage des Instandhaltungsbedarfs auf Basis von Echtzeitdaten und historischen Leistungsdaten.
     
  • Smart Building Management: Steigert Energieeffizienz und Nutzerkomfort durch intelligente Steuerung der Gebäudesysteme, angepasst an die aktuelle Nutzung.
     
  • Real-Time-Tracking von Energieverbräuchen: Ermöglicht die Identifikation von Energiesparpotenzialen durch kontinuierliche Überwachung und Analyse des Energieverbrauchs.
     
  • Integration von IoT-Geräten: Verbesserte Datenerfassung und -verarbeitung durch Einbindung von IoT-Geräten, was eine optimierte Einstellung sowie exaktere Steuerung und Überwachung der Gebäudesysteme erlaubt.
     
  • Datengetriebene Entscheidungen: Unterstützt fundierte Entscheidungen durch detaillierte Analysen und Einblicke in die Gebäudeperformance, was zu optimierten Betriebsstrategien wie auch zur Verbesserung im Ressourcenverbrauch führt.
     
  • Cybersecurity und Datensicherheit: Gewährleistet Schutz sensibler Daten und Systeme durch Implementierung fortschrittlicher Sicherheitsprotokolle und -praktiken.
     
  • Facility-Management und Daten: Optimierte Verwaltung und Betrieb von Gebäuden durch Einsatz datengestützter Lösungen, die eine effizientere Nutzung der Ressourcen ermöglichen.
     
  • Automation von Klima und Beleuchtung: Verbessert Wohlbefinden und Produktivität der Nutzer durch automatische Anpassung der Umgebungsbedingungen an individuelle Präferenzen und Bedürfnisse.


Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die umfassende Nutzung von Gebäudedaten die Gebäudeautomation revolutioniert, indem sie weit über herkömmliche Funktionen hinausgeht, neue Wege für Effizienz, Komfort und Nachhaltigkeit eröffnet und Informationen einem weit grösseren Stakeholder-Kreis zur Verfügung stellt. Die vorgestellten Anwendungsfälle sind einige Beispiele für das Potenzial, das in der intelligenten Analyse und Anwendung dieser Daten liegt.

Die Herausforderungen, wie die Überwindung von Datensilos und die Sicherstellung hoher Datenqualität, sind durch fortschrittliche Lösungen wie digitale Zwillinge und Cloud-Plattformen sowie Künstlicher Intelligenz adressierbar. Diese Entwicklungen legen den Grundstein für eine effektive und zukunftsorientierte Gebäudenutzung und -verwaltung.

Die Zukunft der Gebäudeautomation verspricht eine noch engere Verzahnung von Technologie und Nutzerbedürfnissen, wobei datengesteuerte Lösungen eine Schlüsselrolle spielen werden. Mit dem Fortschritt in der Datenanalyse und künstlicher Intelligenz werden Gebäude nicht nur effizienter und nachhaltiger, sondern auch zu adaptiven Umgebungen, die aktiv zum Wohlbefinden der Nutzer beitragen.

Die Branche steht am Beginn einer spannenden Entwicklung, die ein Umdenken und die Zusammenarbeit aller Beteiligten erfordert. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie nie zuvor und eröffnen ein neues Kapitel in der Gestaltung intelligenter, nutzerorientierter und nachhaltiger Gebäude.

Philipp Büchi

Philipp Büchi ist Senior Manager und leitet den Bereich Real Estate bei Eraneos Switzerland. Die digitale Transformation sowie relevante Trends und Innovationen des Immobilienwesens beschäftigen ihn täglich.