Von Christoph Schmocker, Pagume
«Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt.»
Kahlil Gibran, Libanesischer Dichter
Motivation
Am Swiss Telecommunication Summit 2024 durfte ich im Referat «Seiltänzer zwischen zwei Welten» über Philanthropie sprechen. Im Referat habe ich die unterschiedlichen Wertehaltungen und Ziele aufgezeigt, die im Spiel sind, wenn Unternehmensstiftungen aus der Schweiz mit Non-Profit-Organisationen (NPOs) im globalen Süden zusammenarbeiten.
Bei «Pagume Philanthropie Advisors» beginnen wir in der Beratung immer mit der Frage nach der Motivation: Wonach sehnen Sie sich? Welche Werte Ihrer Familie oder Ihres Unternehmens bilden die Grundlage Ihrer philanthropischen Ambition? Hier drei von vielen möglichen Motivationen:
- Etwas zurückgeben
Wir sind erfolgreich, vermögend, privilegiert – andere nicht; deshalb wollen wir andere unterstützen.
- Glaubwürdigkeit erhöhen
Ja, unser Unternehmen will Geld verdienen. Aber 0,7 Prozent (UNO-Empfehlung) vom Profit-After-Tax investieren wir langfristig in ein wirkungsvolles Projekt oder in eine zu uns passende NPO.
- Unternehmenskultur / Familienzusammenhalt stärken
Mit einer professionellen und inklusiven Philanthropie-Strategie können Mitarbeitende zu einem gemeinsamen Engagement (z. B. Payroll Giving) motiviert, Familienmitglieder hinter einem gemeinsamen Projekt vereint werden.
Ambition
Vielen privaten Philanthropinnen und Philanthropen ist es wichtig, dass ihr Engagement einen persönlichen Bezug hat: Weil meine Mutter an Krebs gestorben ist, unterstütze ich die Krebsforschung. Oder: Ich habe eine Person kennengelernt, die ein Waisenhaus führt; darum spende ich ihrem Hilfswerk. Der Ansatz von Pagume ist immer: Mit dem eigenen Geld kann jede und jeder machen was sie oder er will – aber vielleicht kann man es besser machen? Vielleicht könnte man zum «Wollen» (Herzens-Angelegenheit) mehr «Wissen» (Weiterbildung) hinzufügen?
Für Unternehmensstiftungen gelten klar andere Regeln, weil sie Mitarbeitenden, Kunden und nicht zuletzt auch den Aktionärinnen und Aktionären gegenüber dafür verantwortlich sind, ihre Organisation zielorientiert und erfolgreich zu führen. Genau wie in der Produktion, im Dienstleistungsbereich oder im Handel sollte auch in der Philanthropie professionell geplant und gearbeitet werden. Mit Pagume spielen wir oft die «Reiseleiter» beim Erarbeiten einer Philanthropie-Strategie, beim Entwickeln von Führungsinstrumenten (z. B. geeignete Förderbereiche, Kriterienraster etc.) oder bei der Finanzierung. Matchentscheidend ist dabei, ob ein Unternehmen ausschliesslich eigene Mittel für sein philanthropisches Engagement bereitstellt, ob allenfalls auch Kunden für ein Projekt spenden oder ob sich Mitarbeitende als Freiwillige in einem Projekt engagieren sollen. Eine transparente «Good Governance» und ambitionierte Zielvorgaben entscheiden darüber, ob die Aussenwelt unser philanthropisches Engagement lediglich als ein «Me-too-Engagement» beurteilt oder als sinnvollen und einmaligen «Leuchtturm» sieht.
Neue Themen
Ob ein philanthropisches Projekt erfolgreich ist, hängt von vielen Komponenten ab. Dennoch scheinen folgende Punkte besonders wichtig:
Zuallererst sollte man bei der Auswahl von einem bis zwei Förderbereichen mutig und systemrelevant sein:
- Wenn sich die Stiftung einer Privatbank für weniger Vermögensungleichheit in Südafrika engagiert, ist das sehr mutig.
- Wenn sich die Stiftung eines Modeimperiums für faire Arbeitsbedingungen von Tausenden von Näherinnen in Bangladesh einsetzt, kann das in fünf Jahren durchaus systemrelevant werden.
Kürzlich haben wir bei Pagume mit einem Kunden aus dem Gesundheitssektor nach visionären Themen im Zusammenhang mit einem gesamtheitlichen Health-Management gesucht und sind auf Fragen gestossen wie: «Wie geht eine Gemeinde mit dementen Bürgerinnen und Bürgern um?» oder «Was kann man gegen die zunehmende Einsamkeit von Männern über 50 tun?» Dies sind Herausforderungen, welche uns vielleicht erst in 20 Jahren betreffen, aber für die wir bereits jetzt nach innovativen und mutigen Lösungen suchen.
Welten verstehen
Um den Kreis zu schliessen, möchte ich ein paar Gedanken zur Zusammenarbeit mit dem Süden aufzeigen. Auch heute gibt es noch immer Corporate-Social-Innovation-Abteilungen oder Förderstiftungen, die ausschliesslich in der Schweiz registrierte NGOs unterstützen. Gründe dafür gibt es viele. Der wichtigste ist jeweils das Argument: «Dann wissen wir wohin unsere Spende geht». Seit zwei Jahren arbeite ich für Südafrikas grösste Förderstiftung, den DG MurrayTrust, und habe dort in kurzer Zeit drei wichtige Prinzipien verstanden:
- Menschen in Not teilen ihre Sorgen offener mit, wenn das Gegenüber eine Person aus dem gleichen Kulturkreis ist oder sogar aus der gleichen Community kommt – das hat mit Vertrauen zu tun.
- Wenn Philanthropie aus dem Norden nicht mit neu-kolonialem Gönnertum gleichgesetzt werden soll, muss man die Bedürfnisse mit den Direktbetroffenen im globalen Süden gemeinsam erarbeiten, sie von Beginn weg einbeziehen und mit ihnen auf Augenhöhe definieren, was ihr Leben am nachhaltigsten und dauerhaftesten verbessern kann – das braucht viel Zeit und hat mit Respekt zu tun.
- Es ist heute State-of-the-Art, dass sich führende Schweizer Hilfswerke in Richtung Dezentralisierung entwickeln. Sie lassen ihre Programme mit Fachpersonen aus dem globalen Süden erarbeiten, setzen sie mit den Menschen vor Ort gemeinsam, handeln agil und passen sich den lokalen Bedingungen an – das erzielt schlussendlich mehr Wirkung.
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Was ist Philanthrophie?
Menschen, die Gutes für andere Menschen tun, werden als Philanthropen – von Altgriechisch Philos(Freund) und Antrophos (Mensch) – bezeichnet.
Und so unterschiedlich diese Titelträger sind – vom Pädagogen Basedow über Mutter Theresa bis zuBill Gates – so unterschiedlich ist auch das Verständnis von Philanthropie. Das unsrige lässt sich ineinem einfachen Satz beschreiben: Philanthropie umfasst jede private freiwillige Handlung für einengemeinnützigen Zweck. (Quelle: https://ceps.unibas.ch/de/was-ist-philanthropie)
Was bedeutet Pagume?
Der äthiopische Kalender zählt 13 Monate, wobei die ersten 12 Monate jeweils dreissig Tage dauern.
Hinzu kommt, im September, der 13. Monat Pagume, der jeweils fünf (und in Schaltjahren) sechs Tagedauert. So scheint die Sonne in Äthiopien 13 Monate im Jahr. Pagume ist die Inspiration fürüberraschende Lösungen und Out-of-the-Box-Denken.
www.pagume.ch
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