Typisch Schweizer... (Foto: Piqsels)
Ausländische Händler mögen von der Kaufkraft, den nach wie vor attraktiven Margen und den verhältnismässig geringen Retourenquoten der Schweizer Konsumenten schwärmen. Doch um die Potenziale im Onlinehandel mit der Schweiz richtig anzuzapfen, braucht es einiges Wissen: Denn auch im E-Commerce ticken die Uhren der Eidgenossen etwas anders.
Auf den ersten Blick erscheint die Schweiz wohl manchem ausländischen Onlineanbieter als Schlaraffenland: 8,3 Millionen Einwohner, eine der weltweit höchsten Smartphoneraten, flächendeckende Breitbandverfügbarkeit, kein Widerrufsrecht im Onlinehandel und ein hocheffizientes Paketverteilsystem mit einer Erstzustellrate von über 90 Prozent – nicht zuletzt dank dem «Milch-Chäschtli», einer weiteren Schweizer Eigenheit.
Doch es gibt auch eine ganze Reihe von Fallstricken, die den Schweizer Onlinemarkt für Aussenstehende zur Herausforderung machen. Wohl nicht von ungefähr ist der Top-Onlineshop in der Schweiz denn auch nicht einer der grossen internationalen Player wie Amazon (immerhin auf Platz 3), sondern ein Schweizer Anbieter: digitec / Galaxus.
Mit der eigenen Währung fängt es an, mit dem Zoll geht es weiter: Neben Weissrussland kennt die Schweiz als einziges Land nicht einen Wertzoll, sondern einen Gewichtszoll. Anspruchsvoll sind auch die Warenflüsse: Bei der Lieferung gilt der Kunde als Importeur, schickt er die Ware zurück, weil sie nicht passt, wird er zum Exporteur.
Weitere Eigenheiten kommen dazu: Zahlung per Kreditkarte, Debitkarte, Paypal, Lastschriftenverfahren oder Vorauskasse? Fehlanzeige: Schweizer zaheln noch immer am liebsten per Rechnung. Der Rechnungsanteil beträgt 81 Prozent, Standard ist der Einzahlungsschein. Besteht die Möglichkeit zum Kauf auf Rechnung nicht, brechen weit über die Hälfte der Kunden den Kauf ab.
Auch das «Helvetisieren» eines bestehenden ausländischen Onlineshops ist anspruchsvoll: Von Eigenheiten der Preisdarstellung bis zu sprachlichen Finessen bei der Artikelbezeichnung gibt es auch hier einiges zu beachten – andernfalls reagieren Schweizer Konsumenten gerne etwas allergisch, wenn sie das Gefühl bekommen, mit einem «ausländischen Derivat» abgespiesen zu werden.
Nur wer diese Hürden nicht scheut, kann in der Schweiz erfolgreich sein. Beispiele gibt es viele: Gerade im Bereich Mode sind gut drei Viertel der Onlineumsätze in ausländischer Hand.
Dieser Artikel beruht, mit freundlicher Genehmigung des Autoren, auf einem Blog-Eintrag von Thomas Lang (http://blog.carpathia.ch/).