asut-Bulletin
Digital Shopping World
Ausgabe
01/2017
Shoppingtrends der Zukunft

Wenn, wie die im Interview zitierte Retail-Outlook-Studie von Credit Suisse prognostiziert, im Verlauf der nächsten zwei Jahrzehnte, jeder dritte «analoge» Laden verschwindet, was kommt seiner Stelle? Wie sieht das Einkaufen der Zukunft aus?

Es gibt verschiedene Szenarien – und alle greifen sie auf die Möglichkeiten zurück, die die Digitalisierung eröffnet.

Läden ohne Hüter

Läden für die banalen Dinge des Alltags – für all das, was man halt so braucht und zwar so schnell wie möglich und wozu man Beratung nicht nur nicht braucht, sondern auch nicht wirklich will, weil  nur mit unnötigem Zeitaufwand verbunden –, solche Läden werden in Zukunft wohl ganz ohne Personal auskommen. Amazon Go macht es vor: Rein in den Laden, das Smartphone an den Sensor halten, aus den Regalen nehmen, was man braucht oder will, raus aus dem Laden. Keine Kassen, keine Schlangen, kein Eintippen von PINs. Der Bezahlvorgang läuft automatisch im Hintergrund. Möglich machen das Sensoren, smarte Videokameras und lernfähige Algorithmen. Der Ladenbetreiber spart nicht nur Personal, sondern kann, weil jegliche Regung des Kunden aufgezeichnet und analysiert wird,  gleichzeitig auch Kundenprofile von bisher ungeahnter Präzision anlegen. Datenschützer sehen dieser Entwicklung denn auch bereits mit grosser Sorge entgegen.

Der erste Amazon-Go-Lebensmittelladen soll dieses Jahr in den USA eröffnet werden, in Seattle, um genau zu sein. Bis zu 2000 solcher Läden sollen dann im Verlaufe eines Jahrzehnts dazu kommen.  

Das Erlebnis zählt

Wer die Kunden hinter dem Bildschirm hervor- und in einen «richtigen Laden» locken will, der muss mehr bieten, als Onlineshoppen kann: er muss ein auf den jeweiligen Kunden zugeschnittenes Kundenerlebniss bieten.  

Hier eröffnet die Digitalisierung viele Möglichkeiten, von hilfsbereiten Shoppingrobotern und virtuellen Umkleidekabinen, die das mühselige Kleideranprobieren überflüssig machen, über zu immer personalisierteren Dienstleistungen. Intelligente Gesichtserkennung beispielsweise kann dabei helfen, den Kunden im ganz wörtlichen Sinn die Wünsche von den Augen abzulesen – und nicht nur die Vorlieben, sondern auch den Namen von Kunden zu kennen, die zum ersten Mal durch die Tür treten. Und wie wär's mit einer ganzen Flotte von selbstfahrenden Autos, die die Kunden zu Hause abholen und nach erfolgtem Shoppingerlebnis wieder dorthin zurückfahren. Ein kleiner Shuttle genügt übrigens vollauf: Volle Einkaufstüten sind nämlich ebenfalls passé. Der Laden der Zukunft ist nur noch ein Showcase: Wenige, schön präsentierte Produkte  auf der Ausstellungsfläche, die Warenlogistik in den Hintergrund verbannt. Was gefällt, wird bei Bedarf, in der richtigen Grösse, Farbe oder Anzahl direkt nach Hause geliefert.

Nur für dich allein

Aber auch das Onlineshopping entwickelt sich weiter. Wer bei Modeanbietern wie Outfittery oder  Modomoto ein Profil mit seinen Vorlieben angibt, dem stellt sein ganz persönlicher Stilexperte einen kompletten Look zusammen. Selbstverständlich per Post – oder Drohne – nach Hause geliefert, wo alles bequem anprobiert werden kann. Curated shopping, nennt sich das, während beim Social Shopping mehr oder weniger berühmte Fashonitas der Webcommunity zeigen, was  gerade in und begehrenswert ist. Ein Beispiel ist Polyvore. Und was ist, wenn wildfremde Menschen oder die Stars in einem Film genau die Hose, Jacke oder den Pullover tragen, den man selber schon ewig sucht, aber einfach nicht auftreiben kann?

Für genau diese Fälle gibt es Apps wie InspoAsap54 oder (für den Fall der Moviestars) thetake.com. Einfach rasch eine Foto vom Objekt seines Begehrens machen und der App füttern: sie gleicht sie mit dem ab, was online erhältlich ist, und macht entsprechende Kaufvorschläge. 

Zukunftsmusik? Sicher. Aber wie gesagt: In Seattle öffnet Amazon Go dieses Jahr, der Jeansladen von Hointer in der gleichen Stadt ist bereits offen und ein Renner.

Christine D'Anna-Hiuber

Die Publizistin Christine D'Anna-Huber ist Redaktionsleiterin des asut-Bulletins und Inhaberin des Textbüros cdh, Kommunikation und Texte in Bern. Zuvor war sie u.a. Westschweizkorrespondentin und Afrika-Korrespondentin des Tages-Anzeigers.

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