Der Schweizer Human-Relations-Barometer misst regelmässig die Einstellungen, Stimmungen, Motivation und Absichten der Arbeitsnehmenden in der Schweiz (Foto: Piqsels)
Die Flexibilisierung verändert nicht nur Arbeitsweisen und Arbeitsmodelle, sondern auch das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern.
(cdh) – Im Schweizer HR-Barometer 2016, der die Arbeitsbedingungen, Arbeitsbeziehungen, Arbeitseinstellungen und das Arbeitsverhalten von Beschäftigten in der Schweiz zum neunten Mal in Folge untersucht hat, kommt der Begriff «Automatisierung» gar nicht vor. Und von «Digitalisierung» ist ein einziges Mal die Rede und zwar in folgendem Zusammenhang: «Als Folge der zunehmenden Globalisierung und Digitalisierung entwickelten sich jedoch in den letzten Jahrzehnten zunehmend neue Karriereorientierungen, die auf die veränderten Anforderungen in der Arbeitswelt reagieren und die zunehmende Unabhängigkeit von Arbeitnehmenden reflektieren. Diese neuen Karriereorientierungen sind durch hohe Flexibilität und Mobilität geprägt, wobei Beschäftigte eine grosse Eigenverantwortung hinsichtlich ihrer Karriere übernehmen.» In der Schweiz scheint dieser Trend aber eher rückläufig zu sein: Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass traditionelle Karrierevorstellungen in der Schweiz nach wie vor weitverbreitet sind und nicht nur der Anteil an traditionell-aufstiegsorientierten Personen seit 2012 kontinuierlich ansteigt, sondern auch der Anteil an traditionell-sicherheitsorientierten Personen wieder zunimmt. Dafür gibt es erstmals einen Rückgang des eigenverantwortlichen Karrieretyps zu verzeichnen und insgesamt sind «alternativ engagierte Karriereorientierungen» seit 2012 konstant rückläufig.
Die Studie führt das zunehmende Streben nach Sicherheit und die abnehmende Bereitschaft zur Eigenverantwortlichkeit darauf zurück, dass die Beschäftigten ihre Chance, auf dem Arbeitsmarkt eine andere Stelle zu finden, als geringer einschätzen als in den Vorjahren. Die Sicherheit und Kontinuität die sie sich bei ihrem jetzigen Arbeitgeber erhoffen, belohnen sie im Gegenzug durch mehr Loyalität.
Spricht dieser Befund nun also gegen flexible neue Arbeitsmodelle? Tut er nicht, im Gegenteil, sagen die Herausgeber des HR-Barometers Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich, und Bruno Staffelbach, ehem. Leiter des Lehrstuhls Human Resources Management der Universität Zürich: In Anbetracht der Wirtschaftslage können Unternehmen dem Wunsch nach mehr Sicherheit nämlich nur bedingt entgegenkommen. Was sie tun können hingegen ist dies: Mithilfe von breiten und flexiblen Personalentwicklungsangeboten, flexiblen Arbeitsmodellen und einem stimulierenden Arbeitsumfeld den Beschäftigten helfen, ihre Karriere selbständig voranzutreiben und ihre Arbeitsmarktfähigkeit selber zuversichtlich einzuschätzen. Dafür werden sie ihrem Unternehmen Dank wissen und sich ihm stark verbunden fühlen.
Und das ist mehr als «nice to have»: Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2016 kommt zum Schluss, dass technologisch innovative Industriebetriebe, die sich auf kreative neue Geschäftsmodelle einlassen, und Dienstleistungsbetriebe, die sich dem «Smart-Arbeiten» verschreiben, ihre Produktivität steigern können. Diese Überlegung steckt hinter der 2015 lancierten Schweizer Work-Smart-Initiative, die inzwischen bereits von 118 Schweizer Unternehmen unterzeichnet wurde.