Staat und Politik könnten die enormen Veränderungen, welche die Digitalisierung ausgelöst habe, nicht einerlei sein, erklärte Philipp Metzger, Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM). Mit seiner digitalen Strategie bezwecke der Bundesrat, die Chancen der Digitalisierung konsequent zu nutzen, den Wohlstand langfristig zu sichern und die Schweiz als attraktiven Lebensraum zu positionieren.
Im Januar 2017 hat der Bundesrat einen Bericht zur digitalen Wirtschaft verabschiedet, eine in ihrer Breite einmalige Analyse der Auswirkungen der technologischen Entwicklung für die Wirtschaft. Fazit war, dass die Wirtschaft grundsätzlich gut aufgestellt sei. Allerdingst stellte der Bericht die Frage, ob Regulierungen punktuell angepasst werden sollen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) prüft zurzeit im Rahmen eines «digitalen Tests», welche bestehenden, wirtschaftsrelevanten Rechtsgrundlagen die Digitalisierung der Wirtschaft behindern. Untersuchen lässt der Bund auch konkrete Fragen zu den Beherbergungsdienstleistungen, zum Wettbewerbsrecht sowie zur Bildung und Forschung. Denn darüber, dass Bildung und Forschung im Kontext der Digitalisierung absolut zentral sein werden, besteht laut Metzger ein weitgehender Konsens.
Neue Technologien, neue Dienste, neue (Markt-) Akteure, ein neues Nutzungsverhalten und damit auch neue Schutz- und Sicherheitsbedürfnisse: Diese Dynamik mache es auch notwendig, die rechtlichen Grundlagen der Digitalisierung anzupassen. Gearbeitet wird laut Metzger deshalb auch am Fernmeldegesetz (FMG), es laufen Vorbereitungsarbeiten für ein zukünftiges Gesetz über elektronische Medien und seit Januar liegt ein Bericht über die Evaluation des Postgesetzes vor. Einfach sei das Festlegen von regulatorischen Grundlagen in einem so volatilen und mit Zukunftsunsicherheiten behafteten Umfeld natürlich nicht. Die Bundesverwaltung sei deshalb darauf bedacht, auch genügend Raum für Innovation und Selbst- und Ko-Regulierung zu lassen.
Eminent wichtig für die Digitalisierung sind auch die Infrastrukturen. Hier will der Bund insbesondere eine sichere und effiziente Nutzung garantieren, aber auch die Bewirtschaftung der Ressourcen deutlich effizienter gestalten, beispielsweise im Bereich der verkehrsmittelübergreifenden Mobilität oder im Energiebereich. Dabei spielen neue Funktechnologien eine zentrale Rolle. Das BAKOM arbeite zurzeit daran, mit den Stakeholdern im In- und Ausland die Einführung der 5G-Mobilfunktechnologie vorzubereiten, sowohl in Bezug auf Standards und technische Voraussetzungen als bezüglich der Vergabe von neuen Frequenzen. Eine echte Herausforderung sei in diesem Zusammenhang bekannterweise das heutige Strahlenschutzregime. Und zwar nicht primär wegen der Grenzwerte, deren Anpassung das Parlament erst kürzlich abgelehnt habe: Probleme werde die Schweiz hier auch mit diversen Definitionen bekommen. So liessen sich etwa neue Antennentechnologien mit dynamischer Abstrahlung nicht ohne Einschränkung der Dienstleistung in dieses Regime integrieren.
Metzger sprach auch die Sicherheit an und verwies dabei einerseits auf die nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken, aber auch darauf, dass es einer grossen kommunikativen und didaktischen Anstrengung bedürfe, um die breite Bevölkerung für einen vernünftigen, sicherheitsbewussten Umgang mit den Informations- und Kommunikationstechnologien zu sensibilisieren und gleichzeitig auch die positiven Wohlstandseffekte der Digitalisierung nachhaltig zu vermitteln. Hier sei auch die Branche aufgefordert, Initiativen zu entwickeln und insbesondere kundenfreundliche Produkte zu entwickeln.
Mit einer Reihe von Comics will das BAKOM gemeinsam mit weiteren Partnern den sicheren Umgang mit neuen Medien spielerisch vermitteln.
Fortschritte machen müssten auch die Behörden, räumte Metzger ein und zwar sowohl bei der Erbringung von digitalen Dienstleistungen als auch in der digitalen Interaktion. Zwar gebe es eine E-Government-Strategie in der Schweiz, aber ihre Umsetzung beanspruche sehr viel Energie, Anstrengung und Zeit und den skandinavischen Ländern hinke unser Land in Bezug auf kundenfreundliche, einfache und zentrale elektronische Dienstleistungen in dieser Hinsicht stark hinterher. Wichtig sei auch eine Datenpolitik, die die Wertschöpfung mit Daten ermöglicht und die Schweiz als ein Land positionieren soll, das mit Regierungs- und Verwaltungsdaten zum Vorteil von Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit nachhaltig und rechtssicher umgeht. Also – im Spannungsfeld von Datenschutz, Geschäfts- und Schutzinteressen, neuen Geschäftsmodellen und monetären Interessen – die Nutzung von Open Government Data oder Open Data generell. Daran werde gearbeitet.
Zwei wichtige Daten
Als eines der zentralsten Elemente einer staatlichen Digitalisierungsstrategie bezeichnete Metzger schliesslich den Dialog. Am 20. November 2017 lädt das BAKOM deshalb alle Stakeholder – Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft – nach Biel ein, um an einer nationalen Konferenz eine Zwischenbilanz zu ziehen und gemeinsam den Handlungsbedarf für die Weiterentwicklung der Strategie zu erörtern.
Auch auf internationaler Ebene – und insbesondere mit der EU – pflegt die Schweiz den Dialog. Vom 18. bis 21. Dezember 2017 wird sie in Genf das internationale Internet Governance Forum hosten. Dort werden, unter dem Motto «Shape your digital Future» Tausende von Stakeholdern aus aller Welt Digitalisierungsfragen debattieren.
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