asut-Bulletin
Homo digitalis – Swiss Telecommunication Summit /43. asut-Seminar
Ausgabe
04/2017
Alain Dehaze: So arbeiten wir morgen

 

Als Chef des weltgrößten Personaldienstleisters Adecco weiss Alain Dehaze, was mit den Arbeitsplätzen in der vierten industriellen Revolution geschehen wird.

Die Digitalisierung, erklärte Alain Dehaze, wirke sich tiefgreifend auf die gesellschaftlichen Systeme aus, auf Bildung und Beschäftigung genauso wie auf das Alltagsleben. Ob diese Veränderungen erfolgreich seien, hänge aber zu einem grossen Teil von der Verfügbarkeit von Talenten ab: «Nur so lassen sich die Wettbewerbsfähigkeit fördern und der Wohlstand halten», zeigte sich Dehaze überzeugt. Talent sei aber eine knappe Ressource und deshalb müssten öffentliche und private Partner zusammenspannen und die nötigen Investitionen tätigen, um Talente hervorzubringen, zu fördern und zu halten.

In einer Welt im Umbruch, zeigte Dehaze in seinem Referat weiter auf, ist das gar nicht so einfach. War die Wirtschaft des 20. Jahrhunderts auf Mechanisierung und Massenproduktion ausgerichtet, so sind heute Daten der wichtigste Rohstoff: «Wir alle erleben den Übergang von einer Wirtschaft, in der der Besitz der Produktionsmittel den Ausschlag gab, zu einer Wirtschaft, in welcher der Besitz von virtuellen Netzwerken und Plattformen massgeblich wird.»

Zu den wichtigsten Merkmalen der neuen Wirtschaft gehören, laut Dehaze, Volatilität und Flexibilität. Das wirke sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. So arbeiteten schon heute 33 Prozent der Arbeitskräfte in flexiblen Arbeitsverhältnissen. Lineare Karrieren werde es in Zukunft kaum mehr geben, an ihre Stelle dürften «spiralförmig angelegte und vom ständigen Erwerb neuer Kompetenzen begleitete Laufbahnen» treten, die zudem – den demographischen Trends entsprechend – , weit länger als bis 65 Jahre dauern dürften.

Und welche Jobs werden wir ausüben? Die Nachfrage nach personalisierten, unkomplizierten, proaktiven Serviceleistungen werde voraussichtlich dazu führen, dass sehr viele niedrigqualifizierte Jobs automatisiert und mittelfristig selbst anspruchsvolle Positionen ersetzt würden, sagte Dehaze. Menschliche Eingriffe würden dann nur noch für die Überwachung und Weiterentwicklung der Systeme benötigt. Gleichzeitig zeigte er sich davon überzeugt, dass auch viele neue Jobs entstehen würden. So sehe sich beispielsweise die Telekommunikationsbranche bereits heute mit einem Mangel an Fachleuten konfrontiert. Laut einer Studie der Boston Consulting Group dürften der Mangel an spezialisierten Arbeitskräften und Produktivität in industrialisierten Gesellschaften sogar kritisch werden.

Allgemein sei davon auszugehen, dass mit dem Fortschreiten der Digitalisierung insbesondere Jobs im MINT-Bereich bis 2024 um 12 Prozent zulegen, verglichen mit 6,4 Prozent in allen anderen Branchen. In der hypervernetzen neuen Wirtschaft müssten MINT- und Tech-Kompetenzen jedoch durch Sozial- und Projektkompetenz, wie Kooperation, Problemlösungen, Kommunikation und Teamwork ergänzt werden. An Bedeutung gewinnen würden zudem «T-Shaped Skills», d.h. Mitarbeitende, die gleichzeitig gute Generalisten und Spezialisten sind.

Vor diesem Hintergrund plädierte Dehaze für eine neue Art von Schulbildung und für lebenslanges Lernen. Denn in Zukunft werde es völlig normal sein, sich im Laufe einer Karriere mehrmals neu auszurichten. Unerlässlich seien deshalb die Fähigkeit, interdisziplinär und projektbezogen zu arbeiten, ein Talent für Vernetzung sowie die Bereitschaft zu Mobilität und Flexibilität.

Die wichtigste Voraussetzung, um das alles in Zukunft schon den Kindern in der Schule beizubringen? Ganz einfach, sagt Alain Dehaze: «Sie müssen, neben traditionellen Kenntnissen und digitalen Kompetenzen vor allem eines lernen. Nämlich: Wie man lernt.»
 

 

 

 

 

 

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