asut-Bulletin
Homo digitalis – Swiss Telecommunication Summit /43. asut-Seminar
Ausgabe
04/2017
Hansueli Loosli: Das Beste beider Welten

Hansueli Loosli, Verwaltungsratspräsident von Swisscom und Coop, zweier «Elefanten der Schweizer Wirtschaft», ist überzeugt, dass mit der Digitalisierung ein spannendes neues Kapitel der Schweizer Geschichte geschrieben werde. An der Wirtschaft sei es, dafür zu sorgen, dass es ein erfolgreiches Kapitel werde.

Dass die Digitalisierung Geschäftsprozesse verändere, liegt für Hansueli Loosli auf der Hand. Der springende Punkt sei viel mehr, was das nun für Mitarbeitende und Kunden bedeute: «Werden sie sich der Digitalisierung fügen müssen? Oder trägt sie dazu bei, ihnen einen persönlicheren und besseren Service zu bieten?», fragte Loosli und gab auch gleich seine Antwort: «Richtig eingesetzt, bringt die Digitalisierung den Kunden Vorteile, und kann sie sogar begeistern.»

Am Beispiel von Swisscom und Coop zeigte Loosli in seinem Referat die unterschiedlichen Herausforderungen und Möglichkeiten auf, die mit der Digitalisierung einhergehen. Die Schweiz, als eines der wettbewerbsfähigsten Länder weltweit, biete in dieser Hinsicht nahezu ideale Voraussetzungen: einen funktionierenden, liberalen Arbeitsmarkt, ein hervorragendes Berufsbildungssystem und erstklassige Infrastrukturen.

Das habe sich ausgezahlt: Seit der Industrialisierung habe es unser Land immer wieder geschafft, sich dank Innovationsgeist, Präzision und Effizienz mit hochwertigen Produkten zu differenzieren und trotz hoher Kosten zu bestehen. Auf dieser Wertebasis habe sich die Informations- und Kommunikationstechnik zum am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweig der Schweiz entwickeln können. Nicht von ungefähr betrieben internationale IT-Konzerne wie Google oder IBM ihre grossen Entwicklungszentren in der Schweiz. Und Swisscom, als grösste integrierte ICT-Anbieterin, stehe mittendrin und begleite die Schweizer Wirtschaft in der digitalen Transformation.

Ideal? Beinahe. Denn laut Loosli gibt es durchaus Verbesserungspotenzial. So behinderten und verteuerten im internationalen Vergleich sehr strenge regulatorische Vorgabenden den Ausbau der mobilen Internetnutzung und damit die Einführung neuer Technologien. Zudem mangle es, trotz herausragenden Universitäten und Fachhochschulen an Unternehmergeist, was sich beispielsweise daran zeige, dass keine einzige Schweizer Stadt in internationalen Ranglisten für Start-Up-Ökosysteme auftauche. In diesem Zusammenhang begrüsst Loosli, dass der Bundesrat und die Wirtschaft sich in den letzten Monaten intensiv mit der digitalen Zukunft auseinandergesetzt und unter dem Patronat von Digitalswitzerland sogar ein digitales Manifest erarbeitet hätten.

Für Coop und Swisscom manifestiert sich der digitale Wandel konkret in vier Wirkungsfeldern:

•    Die Digitalisierung führt zu neuen Geschäftsmodellen.
•    Sie hilft, Kundenerlebnisse zu verbessern.
•    Sie macht Geschäftsprozesse effizienter.
•    Und sie ermöglicht neue Arbeitsformen wie das zeit- und ortsunabhängige Arbeiten.

Mehr über Kunden und ihre Bedürfnisse erfahren, individuellere Lösungen, Produkte oder Dienstleistungen anbieten, Abläufe vereinfachen, den Trend zum Selbermachen unterstützen, Routinearbeiten automatisieren und dafür das Erlebnis, die Convenience unterstützen – all das ermöglicht die Digitalisierung. Parallel dazu beobachtet Loosli eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte und Altbewährtes. Im Detailhandel und im Grosshandel schlage sich das in der wachsenden Nachfrage nach regionalen Produkten und transparenten Herkunftsangaben nieder. Doch auch dieses Bedürfnis könne die Digitalisierung, deren primäre Ressourcen Daten sind, leicht erfüllen.

Dies nur eines der von Hansueli Loosli zitierten Beispiele dafür, dass die Digitalisierung uns, klug eingesetzt, dabei helfen könne, eine Balance zu finden zwischen «Mensch, Emotion und Intuition auf der einen Seite und digitaler Technologie und Rationalisierung auf der anderen Seite. Wir können nicht alles digitalisieren. Und das wollen wir auch nicht. Wir sollten versuchen, das Beste beider Welten zu verbinden und in Einklang zu bringen.» Realisierbar sei das allerdings nur, «wenn wir jeden Tag das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitenden in uns als Unternehmen verdienen». Denn in einer Wirtschaft und Gesellschaft, in welcher Daten der Betriebsstoff des Fortschritts seien, müsse mit diesen Daten auch besonders sorgfältig umgegangen werden. Bei Swisscom beispielsweise würden deshalb alle datenbasierte Geschäftsvorgänge durch ein Ethikboard geprüft.

Vertrauen schaffen also, aber auch die Angst nehmen: die Angst vor Arbeitsplatzverlust oder die Angst davor, wie mit persönlichen Daten umgegangen wird. Loosli nimmt an, dass entsprechende Regulierungen zunehmen werden. Als Beispiele zitiert er das neue Datenschutzgesetz der EU oder die Datenschutzgesetzrevision in der Schweiz. Dass der Schutz persönlicher Daten eine ganz neue Dimension annehmen  dürfte, sieht er nicht ohne Bedenken. Denn dann würden sich gewisse Businesscases in Europa gar nicht mehr lohnen – während sie in den USA oder in Asien aber ohne grosse datenschützerische Skrupel weiterverfolgt werden könnten.

 

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