Von Patrik Aellig
Bodensparend, landschaftsschonend und nachhaltig: Das unterirdische Gütertransportsystem Cargo sous terrain soll den Gütertransport in der Schweiz revolutionieren.
Mit Cargo sous terrain (CST) kann die Schweiz bis 2045 ein automatisiertes, digital gesteuertes Gesamtlogistiksystem erhalten, das die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Lebensqualität langfristig begünstigt. Zum System gehören unterirdische Transporttunnel zwischen den Zentren nördlich der Alpen und eine umweltschonende Feinverteilung in Städten und Industriegebieten, die City-Logistik. Die erste Teilstrecke des Tunnelsystems verbindet den Logistikknotenpunkt Härkingen-Niederbipp mit Zürich und kann voraussichtlich ab 2030 in Betrieb genommen werden.
Die Potenziale, welche das Gesamtlogistiksystem birgt, sind vielfältig: CST ist bodensparend, landschaftsschonend und nachhaltig. Das System kann den Güterverkehr in den Städten durch eine systematische und effiziente Auslieferung mit Elektrofahrzeugen bis zu 30 Prozent reduzieren. Dank der vollständigen Digitalisierung von der Quelle bis zur Senke operiert es äusserst flexibel, mit dynamischen Lieferungen in kleinen Einheiten und kann eine hohe Versorgungssicherheit und pünktliche Lieferungen von Paletten garantieren.
Die Verkehrsströme auf den Schweizer Strassen steigen exponentiell und die Erwartungen an die Logistikanbieter nehmen stetig zu: Güterprognosen lassen auf den Schweizer Strassen einen Zuwachs von 37 Prozent zwischen 2010 und 2040 erwarten. Die Logistik hat mit der zunehmenden Kleinteiligkeit der Transportbedürfnisse zu kämpfen und auch der Trend hin zu kontinuierlicher Beförderung fordert die Logistikbranche heraus. Auch in den kommenden Jahren wird die Schweiz eine positive wirtschaftliche Entwicklung erleben. Dabei ist die Mobilität ein wesentlicher Motor der Volkswirtschaft. Umwelt und Lebensqualität leiden jedoch stark unter diesen Entwicklungen.
Im Interesse der Wirtschaft und der ganzen Gesellschaft sind Lösungen für die Vehrkehrslogistik von morgen gesucht. Hier setzt CST an: Das Gesamtlogistiksystem liefert eine Antwort auf die zunehmenden Engpässe auf Strasse und Schiene, welche sich aus der wirtschaftlichen Entwicklung und der damit verbundenen Verkehrszunahme ergeben werden. Indem es einen Transportweg mit eigenem Trassee nur für Güter eröffnet, hilft es bei der Bewältigung von Kapazitätsproblemen im Verkehr und bei der Vermeidung von Verspätungen, Lieferengpässen und unproduktiven Kosten. Ausserdem mindert es den Druck, bestehende Verkehrswege auszubauen, und die Konkurrenz zwischen Personen- und Güterverkehr um die freien Kapazitäten.
Das Gesamtlogistiksystem von CST umfasst drei Komponenten: ein Tunnelsystem zwischen den städtischen Ballungsgebieten und Logistikzentren, eine effiziente städtische Feinverteilung (City-Logistik) sowie eine nahtlos integrierte IT-Lösung für einen vollautomatisierten Betrieb. Das System wird dabei ausschliesslich mit erneuerbarer Energie betrieben. Das vollautomatisch betriebene Netz reicht von Genf bis St. Gallen und von Basel bis Luzern, mit einem ergänzenden Ast von Bern nach Thun. Es wird über 80 Hubs zum Ein- und Auslad von Waren für Industrie und Handel bedienen, wovon rund 10 Millionen Menschen profitieren können. CST wird gleichzeitig mit einer Million Quadratmetern Fläche unter der Erdoberfläche das grösste Lagerhaus der Schweiz sein.
Das ausschliesslich mit erneuerbarer Energie betriebene System CST ist ökologisch signifikant besser als der konventionelle Transport. Gegenüber heutigen Lastwagentransporten resultieren bis zu 80 Prozent CO2-Einsparung pro transportierte Tonne Güter. Das erste Teilstück Härkingen-Zürich spart 40’000 Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr ein. CST wird die Zahl der schweren Lastwagen auf bestehenden Verkehrswegen, insbesondere der Strassenengpässe, um 40 Prozent senken. Auch in einer Zukunft mit elektrobetriebenen LKWs schneidet CST ökologisch deutlich besser ab als alle übrigen Transportszenarien. Dies auch infolge massiv tieferer Lärmemmissionen und stark reduzierten Landverbrauchs.
Im Juli 2019 endete die Vernehmlassung des Bundesgesetzes, welches für die Realisierung von CST eine Voraussetzung ist. Dieses erhielt von den Parteien, den Verbänden und der Wirtschaft breite Unterstützung. CST ist deshalb zuversichtlich, dass der Bund in absehbarer Zeit dem Parlament einen Gesetzesvorschlag vorlegen wird.