asut-Bulletin
Netze – Rückgrat der Digitalisierung
Ausgabe
05/2019
Die Schweiz muss ihre Spitzenposition bewahren

Auszug aus dem Infrastrukturbericht 2019 von economiesuisse

Dank privatwirtschaftlicher Investitionen und günstiger regulatorischer Rahmenbedingungen verfügt die Schweiz über qualitativ sehr gute Kommunikationsnetze. Als Basisinfrastrukturen der Digitalisierung sind die Telekommunikationsnetze von zentraler volkswirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere für andere Infrastrukturbereiche. Die Netzentwicklung muss auch in Zukunft privatwirtschaftlich vonstatten gehen.

 

 

Ausgangslage: Die Schweiz behauptet ihre Spitzenposition bei der Netzabdeckung

Die Schweiz verfügt heute im internationalen Vergleich über hervorragende Kommunikationsnetze. 98 Prozent der Haushalte haben Zugang zu hochbreitbandigen Festnetzanschlüssen (mehr als 100 Mbps), die Mobilfunkabdeckung mit den gängigen Technologien (GSM bis 4G) beträgt annähernd100 Prozent. Dieser Ausbaustandard konnte im liberalisierten Telekommunikationsmarkt gänzlich ohne staatlichen Eingriff erreicht werden. Die Angebotsqualität und die Preisentwicklung waren dabei sehr positiv – fast keine Branche hat in den letzten 20 Jahren einen ähnlichen Preiszerfall erlebt, wie dies bei der Telekommunikation der Fall war. Der Modernisierungsdruck bleibt trotz der komfortablen Ausgangslage hoch: Die Netze müssen qualitativ und quantitativ laufend aufdatiert werden, damit die Nutzenden von der besten Übertragungstechnologie profitieren.

Quantensprung beim Mobilfunk dank 5G

Die fünfte Generation von Mobilfunknetzen bildet die Nachfolgetechnologie der heutigen 4G-Netze. Sie bringt grundlegende Neuerungen mit sich, die keine andere Technologie in vergleichbarer Weise bietet: ein leistungsfähiger, sicherer und verlässlicher Funkstandard, intelligente Antennen mit gezielter Anpeilung einzelner Geräte sowie eine softwarebasierte Netzarchitektur («Network Slicing»). Damit ermöglicht 5G eine deutliche Steigerung der Leistungsfähigkeit des Mobilfunks, was Netzkapazität, Datendurchsatz und Latenzzeit angeht. Es handelt sich somit nicht nur um eine quantitative Weiterentwicklung, sondern auch um eine qualitative. Darin unterscheidet sich die heutige Situation von jener bei der 4G-Einführung. Einige der neuen Eigenschaften von 5G werden sehr rasch zur Verfügung stehen und so neue Anwendungen und Geschäftsmodelle ermöglichen. Ein rasch verfügbares, flächendeckendes Netz ist nicht nur für die Betreiber und Kundinnen wichtig, sondern ebenso für ganze wirtschaftliche Ökosysteme: Wenn in der Schweiz kein Netz zur Verfügung steht, werden neue Produkte, Dienstleistungen und Innovationen an einem anderen Ort entstehen.

Cyber-Security als Knacknuss

Mit der steigenden Leistungsfähigkeit der Kommunikationsnetze und der einhergehenden immer intensiveren Nutzung digitaler Anwendungen im privaten und geschäftlichen Bereich steigen entsprechend auch die Risiken bezüglich cyberkrimineller Angriffe. Um das Sicherheitsniveau der Schweiz und damit auch das Vertrauen hochhalten zu können, sind alle Akteure, die am System ICT teilnehmen, gefordert. Es müssen gemeinsam und koordiniert Massnahmen von der Aufklärung der Endanwender über die kontinuierliche Risikobeurteilung bis hin zu technischen Schutzvorkehrungen implementiert werden.

Herausforderung: Zukunftstechnologien in der Netzentwicklung

5G-Mobilfunk und Glasfaser sind aus technischer Sicht die leistungsfähigsten und zukunftstauglichsten Übertragungsmedien. Sie verfügen über die nötigen Kapazitäten, um langfristig eine breite Palette von Anwendungsbereichen zu bedienen. 5G macht Glasfaser und Koaxialkabel nicht obsolet, sondern ergänzt sie in geeigneten Anwendungsbereichen. Gleichzeitig ergibt sich eine zusätzliche Redundanz bei der Versorgung, beispielsweise bei einem Stromausfall im Gebäude. Die verschiedenen Infrastrukturen sichern sich gegenseitig ab. Auch bleiben die Kabelnetze ein unverzichtbarer Bestandteil der zukünftigen Kommunikationsinfrastruktur. Ältere Mobilfunkgenerationen haben ebenfalls eine hohe Relevanz für die Kapazität und Netzstabilität. Welche Bedeutung sogenannte «Low Range Wide Area»-Netze (mit hoher Reichweite, aber geringer Frequenz) in Zukunft erlangen werden, ist offen. Im Sinne eines marktorientierten, flexiblen Netzausbaus gilt es, jedem Kunden und Anwendungsfall mit dem geeigneten Übertragungsmedium die kostengünstigste und bestmögliche Leistung zu erbringen.

Wachstumsimpulse durch neue Mobilfunktechnologie

Die spezifischen Eigenschaften von 5G bringen enorme wirtschaftliche Chancen mit sich. Auch bisher weniger digitalisierte Branchen sind zunehmend betroffen und auf die Verfügbarkeit von 5G angewiesen. Die neue Technologie ist das «Betriebssystem» für das «Internet of Things» (IoT) und ermöglicht dadurch beispielsweise in der industriellen Fertigung mehr Effizienz dank Automatisierung und Vernetzung. Die Produktivität nimmt dadurch zu und der Werkplatz Schweiz bleibt international konkurrenzfähig, Arbeitsplätze und Wertschöpfung können hier erhalten werden. Ebenso bieten sich der innovationsstarken und international vernetzten Schweizer Wirtschaft neue Marktchancen zur Herstellung von 5G-basierten Produkten und Dienstleistungen. Diese Chancen gilt es zu nutzen.

Hohe Resilienz mit sinnvollem Aufwand

Die vielfältigen Risiken bezüglich Cyberkriminalität machen den wirksamen Schutz von modernen Kommunikationsnetzen zu einer grossen Herausforderung. Es braucht Lösungsansätze, die diese Risiken bestmöglich reduzieren und die Widerstandsfähigkeit der Schweizer Kommunikationsnetze sicherstellen, ohne dass dabei durch überbordende Vorschriften ein wirtschaftlicher Streuschaden entsteht. Die Standards für die 5G-Mobilfunknetze führen erfreulicherweise bereits zu einer höheren Sicherheit für die Kommunikation. Im System des Datenverkehrs befinden sich weitere Komponenten, die Sicherheitsrisiken darstellen und in die Lösungsansätze einbezogen werden müssen. Schliesslich liegt ein Ansatz (im Sinne eines «last resort») in spezifischen Vorkehrungen für die Schweiz, sofern dies nötig und sinnvoll ist.

 


 

Forderungen der Wirtschaft für die neue Legislatur

  • Festnetz- und Mobilfunkausbau vorantreiben

    Der 5G-Ausbau ist in der Schweiz im vollen Gang. Die Provider wollen bis Anfang 2020 eine flächendeckende Verfügbarkeit sicherstellen. Dies ist wichtig, damit die Entwicklung von Anwendungen im B2B-Bereich rasch Fahrt aufnehmen kann. Der leistungsmässige Ausbau ist jedoch ein kontinuierlicher Prozess und wird noch Jahre in Anspruch nehmen.

  • Keine Bundessubventionen für den Netzausbau

    Der privatwirtschaftliche Ausbau der Kommunikationsnetze ist eine grosse Stärke der Schweiz und ermöglicht eine im internationalen Vergleich sehr gute, flächendeckende, kostengünstige Versorgung mit Hochbreitbandinternet. Politische Forderungen nach Subventionen für regionale und lokale Ausbauvorhaben sind daher fehl am Platz. Sie führen einerseits zu einem zu teuren Ausbau, beispielsweise durch die Förderung von «fiber-to-the-home» in der Peripherie. Die notwendigen Bandbreiten werden in Zukunft kostengünstiger und flexibler über 5G oder andere Technologien bereitgestellt werden können. Andererseits führen solche Subventionen zu Wettbewerbsverzerrungen, falls private Ausbauvorhaben konkurrenziert werden. Ab 1. Januar 2020 gilt die Mindestbandbreite von 10 Mbps in der Grundversorgung. Es ist davon auszugehen, dass nach 2022 nur noch rund ein halbes Promille aller Anschlüsse über weniger als 80 Mbps verfügen werden.

  • Sachlicher Umgang mit dem Thema Strahlenschutz

    Die Diskussion rund um nichtionisierende Strahlung (NIS) im Zuge der 5G-Einführung wird teilweise polemisch und mit wenig Faktentreue geführt. Politik und Verwaltung sind in der Verantwortung: Sie müssen einen sachlichen Dialog über Chancen und Risiken des Mobilfunks unterstützen. Ein 5G-Vollausbau ist unter Wahrung des Vorsorgeprinzips bedenkenlos möglich, jedoch schiesst das heutige Vorsorgeniveau eindeutig über das Ziel hinaus und erschwert diesen Ausbau. Überbordende Strahlengrenzwerte erzeugen dadurch Flaschenhälse, ohne dass ein Mehrwert für den Gesundheitsschutz geschaffen wird. Darunter leidet letztlich die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts.

  • Risikobasierter Ansatz im Zusammenhang mit Cyber-Risiken

    5G bringt neue technische Eigenschaften und neue spezifische Risiken mit sich – die grosse Herausforderung für Nutzer, Netzbetreiber, Gerätehersteller und Staat wird sein, der neuen Qualität von Risiken mit einem intelligenten Risikomanagement zu begegnen. Die Schweiz muss einen international abgestimmten, risikobasierten Ansatz verfolgen, der dynamisch und flexibel auf die Reduktion der grössten Schadenspotenziale abzielt. Dies ist eine gemeinsame Querschnittsaufgabe, die nicht von einem Akteur allein bewältigt werden kann und auch international abgestimmt werden muss. Seitens des Bundes bietet die «Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken NCS» eine gute Grundlage, welche die Rolle des Staates aus einer holistischen Sicht beschreibt. Die Abstimmung mit der Wirtschaft muss laufend und unbürokratisch erfolgen.

Und wird ein neues, grüneres, jüngeres und weiblicheres Parlament sich für diese Forderungen empfänglich zeigen?

«Wir sind zuversichtlich, dass auch mit dem neuen Parlament ein gemeinsamer Weg gefunden wird. Die Weiterentwicklung der digitalen Infrastrukturen bringt schliesslich für alle Landesregionen und Altersgruppen Vorteile. Sie ermöglichen beispielsweise den Einsatz neuer Technologien zu Gunsten der Umwelt, etwa im Verkehrsbereich. Die Verjüngung des Parlaments ist auch eine Chance für eine höhere Technologieaffinität in der Politik.»

Kurt Lanz, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Infrastruktur, Energie & Umwelt

 

 

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