asut-Bulletin
Innovation made in Switzerland
Ausgabe
05/2020
Innovation braucht Mut

Von Edith Graf-Litscher

Die Schweiz ist eine der wettbewerbsfähigsten und innovativsten Nationen der Welt und belegt in entsprechenden Ranglisten regelmässig Spitzenplätze. Muss man sagen «noch»? Denn obwohl es hierzulande an zündenden Ideen gewiss nicht fehlt und die Zahl der pro Jahr neu gegründeten Start-ups mit rund 300 im internationalen Vergleich hoch ist, wachsen Start-ups in der Schweiz in der Regel langsamer als in anderen Ländern. Der Global Competitiveness Report des World Economic Forums spricht von «fehlender wirtschaftlicher Dynamik» und führt diese auf eine schwach ausgeprägte unternehmerische Kultur und ein gewisses Manko an Risikofreudigkeit zurück.

Scheitern ist hierzulande noch immer ein Makel, von dem man sich nur mit Mühe befreit. Nicht von ungefähr zieht das Silicon Valley, Inbegriff für internetbasierte Innovationen und forschen Optimismus, Fachkräfte aus aller Welt an – auch aus der Schweiz. Mit jeder und jedem von ihnen verliert unser Land viel Potenzial für künftige Entwicklungen.

Eine Innovationskultur fällt nicht vom Himmel: Wir müssen und wir können daran arbeiten. Wir müssen lernen, Ausprobieren zu fördern, das Risiko, das Unternehmensgründerinnen und -gründer auf sich nehmen, stärker zu honorieren, und Scheitern zu erlauben. Wir sollten dafür sorgen, dass, gerade im ICT-Bereich, Risikokapital einfacher verfügbar wird – und zwar nicht nur, wenn es darum geht, Ideen zu lancieren, sondern auch später, sodass sie tatsächlich reifen können. Wir brauchen noch mehr erfahrene Investoren und Mentoren, die die jungen Pflänzchen begleiten, mehr grosse Unternehmen und Institutionen, die bereit sind, sich aus ihrer Komfortzone zu lösen und mit Start-ups zusammenzuspannen, die ganz neue technologische Ansätze verfolgen.

Auch der Staat kann viel dazu beitragen, gute Rahmenbedingungen für Innovation zu schaffen. Diese sind für unternehmerische Aktivitäten in der Schweiz allgemein bereits sehr gut – die Stichworte hier sind Stabilität, Rechtssicherheit und ein exzellenter Hochschul- und Forschungsplatz. Verbesserungsspielraum gibt es aber nach wie vor. Zum Beispiel bei der Besteuerung, wo der Mut zu neuen Ansätzen gefragt ist, damit noch nicht börsenkotierte Jungunternehmen nicht über Gebühr belastet werden. Einen weiteren handfesten Schub könnte es der Innovation gerade im ICT-Bereich geben, wenn die Umsetzung von Open-Government-Data, d.h. der freie Zugang zu den Daten des öffentlichen Sektors, in der Praxis genauso konsequent verfolgt würde, wie das die 2018 vom Bundesrat verabschiedete Strategie eigentlich vorsieht.

Edith Graf-Litscher

Edith Graf-Litscher, Nationalrätin, Co-Präsidentin von Parldigi, der parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit, und Vorstandsmitglied asut.

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