asut-Bulletin
Innovation made in Switzerland
Ausgabe
05/2020
Ein verlässlicher digitaler Gesundheitsbegleiter

Von Sunjoy Mathieu

Das Digital Health-Start-up heyPatient vereinfacht die vielen Interaktionen zwischen Ärzten, Pflege und Patienten. Das Spezielle dabei: Es wird nicht einfach eine neue Lösung entwickelt. Der Ansatz von heyPatient optimiert integrativ Terminvereinbarungen, Zugang zu Gesundheitsdaten sowie Vorbereitung und Nachsorge für alle Beteiligten. Wie gross das Bedürfnis danach ist, zeigt nun ein Pilotprojekt mit dem Kantonsspital Baden.

Allen, die schon einmal im ambulanten Notfallbereich eines Spitals waren, wird die Situation bekannt vorkommen: Beeinträchtigt durch Schmerzen muss als erstes das langwierige Anmeldeprozedere durchlaufen werden, wo von Versicherungsdaten bis zur Religionszugehörigkeit alles Mögliche abgefragt wird. Danach folgen die Triage sowie die Anamnese durch das medizinische Personal und erst dann wird über das weitere Vorgehen entschieden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat man die eigene Krankengeschichte bereits mehrere Male verschiedenen Personen erzählt und die immer gleichen Fragen wieder und wieder beantwortet.

Ähnlich erging es auch Regula Spühler, Mitgründerin und COO von heyPatient, als ihr Sohn sich Anfang 2019 den Arm gebrochen hatte. «Mit einem Kind, das vor Schmerzen weint, den langwierigen Anmeldungsprozess zu überstehen, hektisch nach der Versichertenkarte zu suchen und danach diverse Male zu erzählen, wie sich der Kleine den Arm auf dem Pausenplatz verletzt hat, empfand ich als sehr umständlich.»

Spätestens beim Austrittsgespräch nach der Operation, als sie und ihr Sohn vom leitenden Arzt mit Nachsorgeanweisungen und Tipps in Fachsprache überflutet wurden, war für Regula Spühler als erfahrene Organisations- und Prozessentwicklerin klar: In der Interaktion zwischen dem medizinischen Personal und den Patienten muss sich etwas ändern. Eine Verbesserung der typischen Patient Journey, eine digitale und integrierte Lösung, die für Patienten, Angehörige und medizinische Fachkräfte die Organisation vereinfacht und erleichtert.

So wurde die Idee zu heyPatient geboren, ein erstes Team gebildet, und schon im Juli 2019 lag nach einer Design-Challenge bei Deep Impact AG der erste Prototyp vor.

Dein digitaler Gesundheitsbegleiter

Die Plattform heyPatient ermöglicht die Vereinbarung von Spital- und Arztterminen, inklusive vorbereitenden Informationen für den Patienten. Dazu gehört die Erinnerung an verabredete Termine, ans Mitnehmen der Versichertenkarte und daran, mit leerem Magen zur Untersuchung zu erscheinen. Diese Informationen und weitere Gesundheitsdaten lassen sich mit Familienmitgliedern teilen, was die Unterstützung und Versorgung durch Angehörige vereinfacht. Ebenso können die eigenen Gesundheitsdaten bereits vor Antritt des Termins mit dem Spital oder dem behandelnden Arzt geteilt werden.

Für das heyPatient-Team ist klar: Es liegt nicht an den Ärzten oder der Pflege – das Fachwissen ist vorhanden, die organisatorischen Vorgänge sind bekannt, jeder weiss, was er zu sagen und zu tun hat. Ebenso ist die Fürsorge- und Behandlungsqualität hoch. Doch wegen fehlender Daten oder unter enormem Zeitdruck kommt es zu Doppelspurigkeiten oder hektischen Situationen. Hier schafft heyPatient Abhilfe, indem es die Effizienz der Prozesse erhöht, dem Patienten die Vorbereitung erleichtert und die Qualität der Nachsorge verbessert.

Das grosse Potenzial der Plattform sieht auch das Kantonsspital Baden (KSB), das seit 2018 einen eigenen Innovation Hub führt und so Innovation und Start-ups fördert. Auf diese Weise sollen das regionale Versorgungsangebot, die Patientenzentrierung sowie die spitalinterne Infrastruktur und Behandlungsmethoden verbessert werden.

Um entsprechende Initiativen direkt zu fördern, stellt das KSB neben den gängigen Leistungen eines Start-up-Inkubators den Zugang zu weiteren wertvollen Ressourcen, wie dem Spital-Know-how, medizinischen Daten oder seinem Netzwerk zur Verfügung. Dazu Verwaltungsratspräsident Daniel Heller: «Aktuell setzen wir am Hub knapp ein Dutzend Praxisversuche, Pilot- und Forschungsprojekte mit unseren Innovationspartnern um, eines davon ist heyPatient. heyPatient ermöglicht uns die moderne Kommunikation während des gesamten Patientenpfads, schon vor dem Eintritt und über den Austritt hinaus. Das Feedback zur Zusammenarbeit ist von allen Seiten sehr positiv.»

Seit Juni 2020 läuft nun ein Pilotprojekt mit der Frauenklinik am Kantonsspital Baden, das werdenden Müttern die digitale Anmeldung und Termineinladungen zu vorgeburtlichen Untersuchungen, zur Geburt und zur Nachsorge via App ermöglicht. Gleichzeitig erhalten die Frauen wichtige Zusatzinformationen, etwa zu Angeboten wie der Hebammen-Sprechstunde und zu weiteren wichtigen Themen, die es während der Schwangerschaft zu vertiefen und zu beachten gilt. Zum passenden Zeitpunkt sind die richtigen Informationen zentral verfügbar und können über ein weiteres Feature in der App mit der eigenen Familie oder dem Partner geteilt werden.

Ein weiterer wichtiger Partner für heyPatient ist das Microsoft-Start-up-Programm, das den Aufbau der technischen Infrastruktur, abgestimmt auf die Bedürfnisse der verschiedenen Spitäler, unterstützt. Die Daten sind sicher in der Schweiz gespeichert, die Übertragung erfolgt verschlüsselt und App-Nutzer entscheiden jederzeit selber, mit wem sie ihre Daten teilen wollen.

Blick in die Zukunft – «intuitiv und einfach»

heyPatient unterstützt nicht nur Patienten im Spital, sondern agiert als digitaler Gesundheitsbegleiter im Alltag für alle Menschen, ob krank oder gesund. Dafür stehen weitere Funktionen wie ein Gesundheitstagebuch, das Festhalten des Schmerzverlaufs, oder die Dokumentation der persönlichen Krankheitsgeschichte zur Verfügung. Ebenso sollen Inhalte für das geplante Elektronische Patientendossier (EPD) sowie Hinweise von Patientenorganisationen bereitgestellt werden und die Anbindung von Wearables wie der Apple Watch möglich sein. So trägt heyPatient dazu bei, dass der Wunsch, den Regula Späth zu seiner Konzeption motiviert hatte, nachhaltig und auf gesamtheitliche Weise erfüllt werden kann: Der Wunsch nach einem einfachen, intuitiv verständlichen Gesundheitsalltag

Sunjoy Mathieu

Sunjoy Mathieu ist Digital-Health-Spezialistin bei der Farner Consulting AG in Zürich.

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