asut-Bulletin
Digital Natives
Ausgabe
02/2021
Influencer, YouTuber, Blogger made in #Switzerland

(Grafik: Canva)


An aussergewöhnlichen Talenten aus der Generation Y und Z gibt es in der Schweiz keinen Mangel. Es sind (oft blut-)junge Leute, auf deren Meinung tausende andere junge Leute hören. Sie sind Blogger, YouTuber, Instagramm-Berühmtheiten, Trendaufspürer und -setter, sie schmieden Ideen, lancieren Projekte, oft alles gleichzeitig.

(cdh) – Sich einen Überblick über die Schweizer Social-Media-Szene zu machen, ist nicht einfach: Sie verändert sich so rasant, dass sich die verfügbaren Rankings durchs Band weg widersprechen. Eine Top-10-Liste der Schweizer Influencer gibt es hier deshalb nicht. Dafür eine kleine Auswahl von besonders talentierten Social-Media-Talenten aus den verschiedensten Sparten.

Doch zuerst ein paar Zahlen. 2019 nutzten laut NZZ in der Schweiz zirka 5,5 Millionen Personen YouTube, 3,8 Milllionen Facebook, 2,5 Millionen Instagram, 1,4 Millionen Snapchat, 1,2 Millionen LinkedIn und rund 1 Million Twitter. Auch TikTok, die jüngste der Social-Media-Plattformen, soll inzwischen bereits über 600'000 Userinnen und User haben – kein Wunder haben Migros, Coop, oder die Swiss mittlerweile ein TikTok-Profil und suchen die Zusammenarbeit mit erfolgreichen Schweizer TikTokern. Wie beispielsweise @switzerlandtourism mit Gina Thoenen oder Nicolas Fournier.

Das also ist das potenzielle Publikum, das erfolgreiche Schweizer Content Creator oder Influencer erreichen können – und diese Potenzial ist es, das sie als Werbeträger und Produkteplatzierer interessant macht. Insbesondere, weil die 18-29-Jährigen die grösste Altersgruppe darstellen, die in den sozialen Medien unterwegs sind. Influencer bedeutet in diesem Sinn, andere durch attraktiven Content dazu zu bewegen, ein gewisses Produkt zu erwerben. Firmen möchten junge Influencer als «Botschafterinnen und Botschafter» für ihre Produkte gewinnen, weil sie vom Ansehen und der Glaubwürdigkeit profitieren, möchten, die diese bei ihre Followern geniessen. Gleichzeitig wissen Influencer, dass ihr höchstes Kapital genau diese Glaubwürdigkeit ist: Sie müssen sich deshalb gut überlegen, für welche Marken und Produkte sie mit ihrem Namen einstehen.

Eine der eindrücklichsten Success Stories ist die von Kristina Bazan. Denn was die Anzahl von Followers betrifft, bewegt sich die im Waadtland aufgewachsene Weissrussin mit 2,2 Millionen Followers ganz an der Spitze des Pelotons. Dort wo, wenig überraschend, Sportler von Weltrang wie Roger Federer (8,2 Millionen) oder Xherdan Shaqiri (2,5 Millionen) das Feld dominieren. Das US-Magazin «Forbes» kürte Bazan 2016 in seiner «30 unter 30»-Liste sogar zur zweiteinflussreichsten Person in der Kategorie Kunst und Stil. Abgehoben hat die Miss Photogénique der Miss-Schweiz-Wahl von 2011 mit ihrem Blog «Kayture». Heute lebt Bazan als Multiunternehmerin in Los Angeles und arbeitet mit weltweit führenden Marken wie Chopard, Dior oder L'Oréal zusammen. Doch wichtiger als Mode scheint ihr inzwischen ihre Musikkarriere zu sein.

Es gibt eine ganze Reihe weiterer Schweizer Influencerinnen, die ihre Leidenschaft für Lifestyle, schönes Essen, Wohnen oder Reisen mit anderen online teilen. Die liebenswerte Selbstironie mit der Dear Caroline das tut, und dabei mit viel Fingerspitzengefühl auch ernsthaftere Themen anschneidet, hat ihr auf YouTube eine treue Gefolgschaft von 806 000 Followern eingebracht. Die Genferin, die im Tessin audiovisuelle Medien studiert hat, startete ihren Kanal 2013, mit 22, als eine Art «Therapie»: In ihrer Klasse war sie das einzige Mädchen, die Freundinnen waren weit weg, die «Girlie-Themen» fehlten. Sie sagt: «YouTube hat mich gerettet.» Doch heute macht Caroline Leuba eine Pause, braucht Distanz. Sie hat einen Roman geschrieben, in dem sie ihre Erfahrungen als YouTuberin verarbeitet. Ihr letzter Post ist bereits zwei Jahre alt. Und darin ging es nicht mehr um Schönheitsnormen oder den Blick der anderen, sondern um bedrohte Tierarten.

My Mechanics wird von Urs betrieben – seinen Familiennamen kennt die Öffentlichkeit von ihm nicht. Und auch sonst sehr wenig: Nur, dass er gelernter Automatiker ist und um die 30 Jahre alt. Bekannt ist auch, dass er von seinen YouTube-Einkünften leben kann, von der vor seinen Videos geschalteten Werbung und den Zuwendungen begeisterter Fans. Und zwar besser als von seinem inzwischen aufgegebenen Job. Doch all das ist nebensächlich. Ausschlaggebend sind seine wortlose Geduld und die zielstrebige Sorgfalt, mit der er alte Dinge auseinandernimmt, restauriert und mit höchster Präzision wieder zusammenbaut. Meist altes Werkzeug, aber auch mal ein altes Trottinette. Selbst der bescheidenste Alltagsgegenstand erhält unter seinen sorgfältigen Händen neuen Glanz. Manchmal fertig er mit der gleichen Präzision auch neue Werkzeuge an. Immer wortlos: Zu hören sind nur sein Hämmern, Sägen, Schmirgeln und Fräsen. Das verfolgen die inzwischen 2,3 Millionen Abonnenten seines YouTube-Kanals fasziniert. Urs gehört zu den erfolgreichsten Schweizer YouTubern. Dass er trotzdem anonym bleiben will, macht ihn seinen Followern nur umso sympathischer.

Ask Switzerland: Gut fünf Jahre lang hat Lionel Battegay ohne jegliche Berührungsängste «Micro-Trottoirs» auf YouTube gestellt. Die frechen, blitzgescheiten, auf Schweizerdeutsch geführten Strassenumfragen mit allen möglichen Menschen wurden Kult. Fast 80'000 Abonnentinnen und Abonnenten hat er damit gewonnen. Sein meistgeschautes Video wurde mehr als eine Million Mal aufgerufen. Den Content für seinen Kanal produzierte er in rund 25 Arbeitsstunden pro Woche, neben seinem Studium, und verdiente damit ungefähr «einen Lehrlingslohn», wie SRF schreibt. Viel eindrücklicher, ja geradezu phänomenal ist aber sein neuer You-Tube-Kanal auf dem er seit letztem Jahr, genauso wortgewandt, Interviews auf Chinesisch führt. Gelernt hat er die Sprache während einem einjährigen Aufenthalt in China und Taipeh – und dort auch erlebt, dass die Schweiz im asiatischen Raum einen guten Ruf geniesst und seine Videos deshalb durchaus auf Interesse stossen dürften. Warum er selber übrigens nicht viel vom Ausdruck «Influencer» hält, erklärt er hier.

 

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