asut-Bulletin
5G: It's all about connectivity
Ausgabe
03/2021
Gute Konnektivität dient Stadt und Land

Von Thomas Anken

Seit Jahrzehnten wird Telearbeit als Option gesehen, die Abwanderung aus ländlichen Gebieten zu bremsen. Lange war davon in der Praxis aber kaum etwas zu merken. Der grosse technische Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologien der vergangenen Jahre sowie Covid haben dies grundlegend verändert. Die Belegung von Ferienwohnungen zeigte im vergangenen Jahr Rekordwerte, da viele Leute diese für das Homeoffice nutzten. Viele mussten aber schmerzlich erfahren, dass das nur bei entsprechender Konnektivität gut funktioniert. In ländlichen Gebieten verfügen viele Häuser erst über einen stotternden Breitbandanschluss, was sich entsprechend auf die Arbeitsmöglichkeiten auswirkt. Das Verlegen von Glasfasern bedingt in vielen Fällen den Bagger – das ist bei abgelegenen Siedlungen mit hohen Kosten verbunden. 5G stellt für solche Situationen eine interessante Alternative dafür dar, auch abgelegene Gebiete ans Breitband anzuschliessen.

Internet bietet unzählige Möglichkeiten regionale Produkte, Tourismusangebote, Events etc. zu vermarkten. Indem es die Kundinnen und Kunden virtuell vor Ort holt, ihnen Hof und Tiere zeigt, kann es Identität und Verbundenheit schaffen. So lassen sich auch in abgelegenen Gebieten neue Wertschöpfungsketten schaffen. Viele Hofläden sind in der Corona-Zeit online gegangen und die Smartphone-Zahlungslösung TWINT erlebte einen grossen Aufschwung. Probleme wie fehlendes Wechselgeld oder geknackte Bargeldkassen gehörten plötzlich der Vergangenheit an.

Neben Tourismus und Handel verändert die digitale Technik auch die Produktion in ländlichen Gebieten. Mittlerweile sind in der Landwirtschaft schon viele verschiedene Technologien im Einsatz: Traktoren fahren zentimetergenau mit automatischen Lenksystemen, die Korrekturdaten per Mobilfunk erhalten; Lohnunternehmer rechnen Aufträge direkt vom Traktor aus ab; Maschinen gewinnen Daten, die vom Feld direkt in die Cloud gehen; mittels GPS-Trackern lassen sich Schafe, Ziegen und Rinder orten, was in unübersichtlichem Gelände mühsame Sucharbeit erspart. All diesen verschiedenen Anwendungen ist gemeinsam, dass sie auf eine gute Konnektivität mit dem Internet angewiesen sind.

Trotz des grossen Potentials der digitalen Anwendungen für die ländlichen Gebiete gibt es aber auch in diesen Regionen Widerstände gegen den Ausbau von 5G. Es ist nicht ganz einfach, den Leuten zu vermitteln, dass 5G kein Strahlungsbooster ist, sondern eher das Gegenteil zutrifft. Pro Dateneinheit wird nämlich weniger Strahlung verursacht, als dies mit dem heutigen 4G der Fall ist. Zudem richten adaptive Antennen die Strahlung auf die jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer aus, was diejenigen davonausnimmt, die keinen Mobilfunk nutzen. Wer möglichst wenig Strahlung möchte, der sollte sachlich gesehen eigentlich den 5G-Ausbau unterstützen. Warum ist aber häufig das Gegenteil der Fall?

Solche Inhalte sachlich und emotional differenziert zu betrachten und zu vermitteln, fordert uns stark. Vielleicht schaffen aber der Käse, das Ei oder das Gemüse, das ich direkt bei einem bekannten Bauernhof online bestelle, für eine neue Nähe und Wahrnehmung, die es uns erleichtern, dem technischen Fortschritt offener zu begegnen.

Thomas Anken

Dr. Thomas Anken ist Leiter der Forschungsgruppe «Agrartechnische Systeme und Mechatronik» beim Schweizerischen Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung Agroscope.

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