asut-Bulletin
Homo digitalis – Swiss Telecommunication Summit /43. asut-Seminar
Ausgabe
04/2017
Peter Grütter: Das erste und das letzte Wort

Welcher Platz bleibt dem Menschen in einer durch und durch digitalisierten und datenbasierten Welt? Mit dieser Frage konfrontierte asut, der Schweizerische Verband der Telekommunikation, an seinem jährlichen Seminar eine ganze Palette von Wirtschaftsführern, prominenten Politikern, engagierten Vertretern der Zivilgesellschaft und provokativen Denkern.

Rund 950 Gäste versammelte der diesjährige Swiss Telecommunication Summit im Berner Kursaal. Eröffnet wurde der oft als «Landsgemeinde der Telekombranche» umschriebene Anlass – fast ebenso geschätzt für seine anspruchsvollen Inhalte, wie beliebt als einmalige Networking-Gelegenheit – von asut Präsident Peter Grütter. In seiner Einführung umriss er gekonnt das Thema des Tages: Homo digitalis, der Mensch in der digitalisierten Wirtschaft und Nachfolger des Homo industrialis, der sich noch mit schwerer körperlicher Arbeit plagen musste, die selbst Kindern zugemutet wurde. «Wir haben den armen Kindern die Arbeit weggenommen», ironisierte Peter Grütter und wies damit darauf hin, dass auch die heutigen Ängste vor Automatisierung, Robotisierung und dem Wegfall vieler Arbeitsplätze durch die Digitalisierung völlig unbegründet sein könnten. Zwar kämen tatsächlich verschiedene Studien zum Schluss, dass jeder zweite Job in den kommenden Jahren verschwinden wird. Und nicht etwa nur die repetitiven Aufgaben, sondern zunehmend auch Expertenarbeit. Peter Grütter sieht hier jedoch keinen Grund zur Klage, im Gegenteil. Einerseits, weil auch bei dieser vierten industriellen Revolution eine ganze Reihe von neuen Jobs entstehen würden. Vor allem aber, weil der digitale Wandel dem Menschen die willkommene Gelegenheit biete, sich auf seine Stärken zurückzubesinnen: «Wir werden wieder lernen müssen, kreativ zu sein, unsere Analysekraft mit unserer emotionalen Intelligenz zu verknüpfen, Sozialkompetenz und Empathie zu stärken und uns darin zu üben, in interkulturellen Teams über Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten.»

Vor uns ein goldenes Zeitalter

Grütter wünscht sich, dass die Menschen die Möglichkeiten der neuen Technologien auschöpfen. Mit der gewaltigen Zunahme der Rechenkapazität werde ein 1000-fränkiger Computer schon bald die intellektuelle Kapazität der gesamten Menschheit haben. Auch hier kein Grund zum Jammern: «Wir sollten dankbar sein, dass die Technologie es ermöglichen wird, die Produktivität unserer alternden Gesellschaften aufrecht zu halten.» Und auch bei der Anwendung der Technologie hat Grütter keine Berührungsängste: «Warum sollten wir uns auf künstliche Hüftgelenke oder ein paar Stents in der Herzkranzarterie beschränkten? Warum nicht auch ein Chips hinter dem Ohr, der die Gedächtnisleistung steigert, oder ein Sensor am Sehnerv, um auch in der Nacht etwas sehen zu können?», fragte Grütter und stellte damit dem Tagesprogramm die provokative Prämisse voran, dass der Mensch der Maschine nur dann überlegen bleiben könne, wenn er ein Stück weit mit ihr verschmelze – dann liege ein goldenes Zeitalter vor ihm.

Am Ende eines dicht gedrängten und enorm reichhaltigen Programms hatten manche Redner in Bezug auf die Zukunft ähnlich positive Gedanken entwickelt, andere vor Selbstüberschätzung und vor dem Verlust von Autonomie und Privatsphäre gewarnt. Als Präsident der asut stand Peter Grütter zum Abschluss das letzte Wort zu. Er bleibe in Bezug auf die Digitalisierung weiterhin zuversichtlich, nicht zuletzt, weil er aus allem was er an diesem Swiss Telecommunication Summit gehört habe, einen gemeinsamen Nenner herausgehört habe: Die zentrale Bedeutung einer Bildung, die sich auf das konzentriert, was der Mensch der leistungsfähigsten Maschine voraus hat. Nämlich Intuition, Kreativität, Empathie, soziale und emotionale Intelligenz.

Mit dieser tröstlichen Botschaft entliess der asut-Präsident den Saal. Und dann stand, wie schon während der Kaffeepause und beim Mittagsbuffet, wieder das auf dem Programm, was wohl kein noch so smarter Social Bot je mit so viel Gusto tun wird, wie es die Teilnehmenden an diesem jährlichen Stelldichein der ICT-Branche nun schon zum 43. Mal taten: networken – und zwar ganz und gar analog.

Vormerken!

Das asut-Kolloquium zum Thema smarte Mobilität findet am 22. November 2017 statt, das nächste asut-Seminar am 21. Juni 2018, beide wieder im Kursaal Bern.

 

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