Der Entscheid des Ständerates vom 5. März dieses Jahres, die Anlagegrenzwerte nicht moderat anzupassen, war für uns Netzbetreiber und für die Wirtschaft eine herbe Enttäuschung.
Als Mobilfunkbetreiber sind wir enttäuscht, bemühen wir uns doch im intensiven Wettbewerb um unseren Kunden trotz anspruchsvollem Regulierungs- und Marktumfeld hervorragende Netzqualität zu bieten. Im connect-Test von letztem November verdienten sich die asut-Mitglieder Swisscom und Sunrise die – von keinem anderen Anbieter in den Nachbarländern erreichte – Gesamtnote "überragend" und bescherten damit der Schweiz eine "hohe Netzleistung und -qualität". Wie eine Studie von PWC im Auftrag der asut nachwies, zahlte die Schweiz für diese sehr guten Netze bisher "nur" einen hohen Preis: Die Kosten für den Netzausbau lagen insbesondere aufgrund der strengen Rahmenbedingungen um 45-120 Prozent höher als in den Nachbarländern. Bisher mussten aber unsere Kunden keine Qualitätseinbussen in Kauf nehmen.
Der Entscheid des Ständerates ist aber auch eine Enttäuschung für die Wirtschaft. Denn im Wettbewerb um die Digitalisierung wird ohne das volle Potenzial von 5G ein entscheidender Baustein für den Erfolg fehlen. Das Pilotprojekt von Swisscom mit Ypsomed zeigt eindrücklich, wie wichtig 5G für die Schweizer Industrie ist. Ypsomed kann mit 5G die gesamte Prozesskette digitalisieren. Dank einer solchen Digitalisierung können hochqualifizierte Arbeitsplätze aus dem Ausland in die Schweiz zurückgeführt werden.
Sind wir mit dem Entscheid des Ständerates in einer Sackgasse? Jein! Swisscom wird 5G – wie bereits angekündigt – im Rahmen des Möglichen vorantreiben, aber der flächendeckende Ausbau wird sich verzögern und unsere Kunden werden leider nicht das volle Potenzial der neuen Technologie nutzen können. So werden wir aufgrund der heutigen NISV in städtischen Gebieten einen grossen Teil der Antennenstandorte nicht mit 5G ausrüsten können.
Nach dem Entscheid des Ständerates sind alle in der Pflicht: Gemeinsam müssen Netzbetreiber, die Wirtschaft, die Politik und Verwaltung, aber auch die Kritiker einer Lockerung, insbesondere die FMH, der Städte- und Hauseigentümerverband, im Interesse der Schweiz einen Weg für eine gute 5G-Mobilfunkversorgung finden.
Wir als Netzbetreiber müssen die diffusen Ängste gegen die Mobilfunkstrahlung ernster nehmen, den Dialog suchen und insbesondere mehr zur Aufklärung beitragen. Ich denke hier insbesondere auch an die Unterstützung der Forschungsstiftung Strom- und Mobilkommunikation (FSM) der ETH Zürich und das verschiedentlich geforderte NIS-Monitoring im Fernmeldegesetz.
In der Pflicht sind aber auch Politik, Bundesrat und die Gegner einer Lockerung der NISV: Ohne Lockerung der Grenzwerte werden wir mehr Antennen bauen müssen. Entsprechend müssten alle Beteiligten Hand bieten, die heutigen Messmethoden und Bauvorschriften anzupassen, damit neue Antennen effizienter gebaut und genutzt werden können.
5G wird kommen, unabhängig vom Entscheid des Ständerates. Aber wir haben mit diesem Entscheid sicherlich die Überholspur auf der Digitalisierungsautobahn verlassen. Es liegt an uns, gemeinsam im Dialog Vertrauen aufzubauen und Lösungen zu finden, damit wir auf keinen Fall auf dem Pannenstreifen landen.