asut-Bulletin
5G – das Turbonetz
Ausgabe
02/2018
Mit Hochgeschwindigkeit in eine smarte Welt

Unsere Welt wird in den nächsten 20 bis 30 Jahren smart: Spätestens 2020 wird die Ära der «Supervernetzung» eingeläutet – Fundament dafür ist ein Paradigmenwechsel in der Mobilfunkindustrie: die Einführung der neuesten, der fünften Generation, kurz 5G.

Im Vergleich zur heutigen in der Schweiz eingesetzten 4G-Technologie – LTE Advanced – werden mit 5G völlig neue Sphären in Bezug auf Latenzzeiten, Datengeschwindigkeiten, Menge an gleichzeitigen Verbindungen pro Quadratkilometer oder Übertragungsmöglichkeiten erreicht. Konkret soll der neue Mobilfunkstandard Übertragungsraten von 10 GBit/s, bei einigen Anwendungen sogar von 20 GBit/s, eine sehr niedrige Latenzzeit von weniger als 1 Millisekunde und hohe Verfügbarkeit ermöglichen. Weltweit werden 100 Milliarden mobilfunkfähige Geräte ansprechbar. 5G soll künftig auch die Übertragung in Hochgeschwindigkeitszügen bis 500 km/h und Transportdrohnen der Zukunft ermöglichen. Die nachfolgende Tabelle illustriert den Technologiesprung von 4G zur neuen Mobilfunkgeneration in den wichtigsten Parametern:

Doch wozu diese hohen technischen Anforderungen? Was sind die Hürden auf dem Weg zur Umsetzung? Und andersherum: Welches Potenzial setzt die Technologie frei?

Hohe Anforderungen für kühne Projekte

Für fünf Use Cases ist 5G essentiell:

  • für ultra-hochauflösende, 3D oder Hologramm-Videos
  • für Augmented- und Virtual-Reality-Anwendungen
  • für das vernetzte, selbstfahrende Auto
  • für die Smart Factory und
  • für Fixed Wireless Access, also die Funkübertragung per Internet über grössere Entfernungen hinweg.

Allen 5G-Anwendungsfällen gemeinsam sind im Prinzip drei Merkmale: Sie benötigen eine extrem hohe mobile Bandbreite, sie müssen zuverlässig und quasi in Echtzeit funktionieren und für eine grosse Anzahl miteinander kommunizierender Endgeräte ausgelegt sein.

Bei aller Euphorie und allem Glauben an Innovation: Die Implementation dieser neuen Technologie hat einige Hürden zu überwinden. Noch nirgends auf der Welt ist – von limitierten Pilotprojekten abgesehen – ein 5G-Netz im breiten Einsatz. Bedingung ist zunächst ein gut ausgebautes Glasfasernetz. Dann braucht es die nötigen Frequenzen. In der Schweiz liegen im Vergleich mit anderen Ländern die Grenzwerte für die Strahlung von Mobilfunkantennen sehr tief; der Ständerat hat gerade kürzlich eine Erhöhung äusserst knapp abgelehnt. Nun wird der Infrastruktur-Ausbau, für den Experten in Europa Investitionen von bis zu 500 Mrd. Euro veranschlagen, in der Schweiz noch teurer, denn es müssen zusätzliche Sendeanlagen gebaut werden, anstatt bestehende einfach aufrüsten zu können.

Den Anschluss nicht verlieren

Die Telekom-Anbieter und -Ausrüster fürchten um die Wettbewerbskraft der Schweiz. Zu Recht: Die Deutsche Telekom will Deutschland zum ersten Land Europas machen, das mit dem neuen Netz in die Zukunft geht. Für die Schweizer Industrie ist das eine schlechte Nachricht, denn diese Initiative könnte dazu führen, dass die deutschen Maschinenbauer mit innovativen IoT-Lösungen als erste am Markt sind und die Schweizer das Nachsehen haben.

Auch auf EU-Ebene gibt es bereits einen 5G-Aktionsplan, gemäss dem erste 5G-Pilot-Netze für Ende 2018 geplant sind. Kommerzielle 5G-Dienste sollen in allen EU-Ländern bis Ende 2020 verfügbar sein und alle grösseren städtischen Umgebungen und alle massgeblichen Transportwege sollen bis 2025 eine ununterbrochene 5G-Abdeckung haben. Noch mehr Gas geben die USA und die asiatischen Industriemächte China, Japan und Südkorea. Hier laufen bereits Feldversuche in ersten Städten und die Kommerzialisierung ist per Ende 2018 vorgesehen.

Rein technisch ist die Schweiz ebenfalls parat; erst im Dezember letzten Jahres stellten Sunrise und Huawei sogar einen 5G-Weltrekord auf: Zum ersten Mal überhaupt wurde ein Download-Datendurchsatz von 3,28 Gbit/s im Frequenzband 3,5 GHz (Band 42) erzielt. Zuvor hatte Vodafone Ende Oktober bei einem Test in Mailand 2,7 Gbit/s erreicht; die Deutsche Telekom 2 Gbit/s in Berlin. Noch viel höhere Geschwindigkeiten wurden in Pilotprojekten unter Einsatz von Frequenzen in höheren Bändern erreicht, die in der Schweiz für den Mobilfunk noch nicht zur Verfügung stehen. Generell gilt: Je höher die Frequenzen, desto höher die Geschwindigkeit, desto kleiner aber auch die Reichweite. Doch nicht nur mit den Netzen wird noch experimentiert und getestet; auch die 5G-fähigen Handys stecken noch in den Kinderschuhen. Huawei hat am Mobile World Congress in Barcelona im Februar dieses Jahres zumindest einen ersten 5G-Chip vorgestellt; erste 5G-Smartphones werden frühestens 2019 erwartet.

Anka Kästner

Dr. Anka Kästner ist Senior Consultant Head Technology Practice Group bei der Farner Consulting AG.

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