Von Peter Grütter
Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der heute derart inflationär verwendet wird, dass er zum Schlagwort geworden ist. Oder, noch schlimmer: zum leeren Versprechen. Das ist schade. Denn Nachhaltigkeit bedeutet Hoffnung. Die Hoffnung, dass wir einen gangbaren Weg finden können, mit den Ressourcen unserer Welt so zu wirtschaften, dass wir dabei unsere Lebensgrundlage und die Lebensgrundlage der nachfolgenden Generationen nicht gefährden. Und genau dazu kann die ICT als alle Lebensbereiche durchdringende Querschnitttechnologie einen grandiosen Beitrag leisten.
Auf Klimaziele und Umweltschutz bezogen steht der Telekomsektor in einer doppelten Verpflichtung. Er muss erstens sicherstellen, dass die Kommunikationstechnologie an sich über ihren ganzen Lebenszyklus – von Entwicklung und Produktion über den Betrieb bis zur Entsorgung und Wiederverwendung der Einsatzmaterialien – so energiesparend, umweltschonend und strahlungsarm wie möglich wird. Zweitens soll sie ihren Teil dazu beitragen, die übrigen Basisinfrastrukturen- und Wirtschaftszweige so umweltverträglich wie möglich zu machen. Das gilt für den Verkehr genauso wie für den Energiesektor, die Landwirtschaft, das Abwasser- und Abfallmanagement oder Industrie und Gewerbe.
Beide Ziele sind erreichbar. Für das erste brauchen wir energieeffiziente Rechenzentren. Unterstützt von asut ist eine entsprechende Kampagne im Rahmen des nationalen Programms Energie Schweiz lanciert und im Gang. Genauso entscheidend ist es, für eine ressourcenschonende Netzinfrastruktur zu sorgen. Antennenstandorte sollten vermehrt mit erneuerbarer Energie betreiben werden. Und im Mobilfunk ist es an der Zeit, dass 5G die Vorgängertechnologie ablöst. Nicht allein im Namen der Energieeffizienz, die mit dem neuen Standard 10 Mal besser ist. Sondern insbesondere auch deswegen, dass sich Sendeleistung und Empfang bei adaptiven Antennen optimal aufeinander abstimmen lassen, was die Einwirkung der Mobilstrahlung minimiert.
Der Schlüsselbegriff für das zweite Ziel lautet: Sensorik. In allen denkbaren Infrastrukturen, Systemen und Prozessen eröffnen Sensoren enorme Möglichkeiten, die Effizienz zu verbessern, mit Ressourcen sparsamer umzugehen und eine kohlenstoffärmere und nachhaltigere Wirtschaft voranzutreiben. So etwa mit nur noch ganz gezielter Düngung in der Landwirtschaft, mit der Echtzeitüberwachung von Logistikketten im Handel, mit der vorsorgenden Wartung von Maschinen und Anlagen oder der intelligenten Steuerung der Heizung, Kühlung und Beschattung von Gebäuden. Sensoren in der Natur wiederum erlauben es, Veränderungen – schmelzende Gletscher, Veränderungen der Gipfelhänge, abfliessende Wassermengen, schwindende Tierpopulationen – punktgenau zu erfassen und daraus Schlüsse zum Schutz von Landschaft, Biodiversität und Infrastrukturen zu ziehen.
Einen möglichst bedarfsorientierten, stau- und reibungsfreien Kommunikationsfluss sicherzustellen oder Milliarden von Dingen zu vernetzen, mögen manche als ein Zugeständnis an Hyperkonsum und Wachstum um jeden Preis sehen. Doch das ist falsch. Wenn 5G beispielsweise das Live-Fernsehen revolutioniert, dann heisst das nicht allein, dass die Wettkämpfe der Jugendolympiade ultraschnell in die Fernsehstuben der Nation übertragen werden. Vor Ort bedeutet es auch: keine Materialschlacht, weder kilometerlanger Kabelsalat, noch tonnenschwere Sendewagen im Gelände und auf der Skipiste. Ein paar Handykameras genügen. Das ist schneller, günstiger – und ökologischer.
Immer dann, wenn ihr Einsatz nicht zum Selbstzweck wird, ist Netzwerktechnologie Greentech. Es ist an unserer Branche, dafür zu sorgen, dass der Massstab, an dem wir Innovation in der ICT messen, ihre Nachhaltigkeit ist und bleibt.