asut-Bulletin
Innovation made in Switzerland
Ausgabe
05/2020
Wie das Start-up Uhoo Cookies ablöst

 

«Wir sehen, was du nicht siehst», ist der Claim  (Quelle: Uhoo).

 

Von Christine Bohn

Cookies sollen abgeschafft werden. Ein echtes Dilemma für die Marketing-Branche, denn eine gleichwertige Alternative gab es bis jetzt nicht. Doch nun liefert das Zürcher Start-up Uhoo eine Lösung. Es setzt auf Big Data und künstliche Intelligenz und verwendet ausschliesslich öffentlich zugängliche Daten.

Man stelle sich vor, man hat was zu verkaufen. Zum Beispiel Sportschuhe. Dafür muss man wissen, wer wann wo Sportschuhe benötigt. Also seine Zielgruppe kennen. Und wie ermittelte man diese Sportschuh-Zielgruppe bisher am besten? Klar, mit Cookies. Sie müssen von den Usern inzwischen nahezu auf jeder Website akzeptiert werden. Das soll sich bald ändern. Denn Cookies – momentan die wichtigsten Daten-Tools für Marketing-Zwecke – sollen abgeschafft werden. Eine echte Alternative gab es bis jetzt aber nicht. Damit wird Tracking immer schwieriger und gute Daten werden zu Mangelware.

Doch nun hat ein Schweizer Start-up eine Lösung erarbeitet. Uhoo setzt auf Big Data und künstliche Intelligenz statt auf Cookies. Dank der Aggregation und der anonymisierten Auswertung von öffentlich zugänglichen Daten, beispielsweise von Bund und Kantonen, weiss Uhoo eine ganze Menge über die Schweiz: Zum Beispiel wie teuer die Häuser in einem bestimmten Quartier sind und wie viele Schulen oder Gewässer sich dort befinden, welcher Einkommensklasse die Leute angehören, die dort wohnen und wie gross die Entfernung zur nächsten ÖV-Haltestelle ist. Das von Uhoo entwickelte Daten-Tool kann dank GPS-Targeting und spezifischen Algorithmen also zielgenaue Aussagen über die Standorte und die Präferenzen in einer Region machen. Entwickelt wurde es in Zusammenarbeit mit Novalytica, einem Spin-off der Universität St. Gallen. Ziel ist eine Lösung, die es der Schweizer Werbewelt erlaubt, akkurate und damit effiziente Werbekampagnen durchzuführen.

 

Massgeschneiderte Werbung am Pool

Interview mit Stephan Frey, Geschäftsführer von Uhoo

Woher bezieht Uhoos Partnerunternehmen Novalytica die Daten für das Data-Targeting?

Wir verwenden nur öffentlich zugängliche Daten, wie Daten des Bundesamts für Statistik, Daten von regionalen Statistikämtern, von Online-Plattformen (z.B. Homegate, Comparis, Immoscout), Amtsblättern, themenspezifischen Webseiten (z.B. von Verbänden), Google Maps, Open-Data-Plattformen, SBB oder Webseiten von verschiedenen Dienstleistern und Buchungsplattformen (Airbnb, Booking, Tripadvisor).

Wie werden diese Daten für eine Digital-Kampagne verwendet?

Als Erstes kann mit den Daten die Zielgruppe des Kunden genau abgebildet werden. Mittels GPS-Targeting können wir bestimmen, wo sich der User gerade aufhält und entsprechend Werbung platzieren. Daraus ergeben sich zielgerichtete Kampagnen, die beispielsweise für eine Automarke an allen E-Tankstellen geschaltet werden, für ein Erfrischungsgetränk in allen Gemeinden mit Bergtourismus, für eine Lebensrettungsgesellschaft in allen Badeanlagen und sich für ein Fundraising an alle wohlhabenden Personen in katholischen Gemeinden richteten.

Warum ist niemand früher auf diese Idee gekommen?

Der Bedarf für alternative Targeting-Modelle war lange nicht vorhanden, da Cookie Targeting diesen Platz für sich besetzt hat. Zudem ist Novalytica ein junges Unternehmen und dieser grosse und genaue Datenstamm hat schlichtweg nicht existiert. Auch die direkte Anbindung an eine Werbekampagne war im Vorfeld so nicht möglich.

Mit Cookies kann man im Digitalmarketing nur noch einen Teil der Online-Bevölkerung erreichen, da gewisse Browser diese blockieren. Wie hoch ist der Anteil der erreichten Nutzer mit Uhoos Technologie?

Die Technologie bei Uhoo verzichtet vollständig auf Cookies und kann so theoretisch alle Internetuser der Schweiz erreichen. Egal, welchen Browser sie nutzen. So kann standardmässige Cookie-Blockade von Firefox oder Safari – und bald wohl auch Google Chrome – überwunden werden. Lediglich gegen Adblocker kann auch Uhoo nichts machen.

Wie sicher ist die Lösung in Bezug auf die Datenschutzrichtlinien?

Uhoo bezieht all seine Daten aus öffentlichen Quellen und speichert keine Personendaten auf individueller Ebene ab, was sowohl mit der Schweizer Rechtslage als auch dem revidierten Datenschutzgesetz, das derzeit im Parlament diskutiert wird, in Einklang ist. Alle erfassten Daten werden nur in Bezug auf die Geolokalisierung abgespeichert.

Was ist der Unterschied zwischen Cookies und Uhoo-Daten?

Cookies gibt es seit 26 Jahren. Sie basieren auf der Verfolgung des Online-Verhaltens eines einzelnen Users. Uhoo stützt sich auf Offline-Data, welche in die Online-Welt überführt werden. Uhoo kann so nicht alles ersetzen, was Cookies können. Aber Uhoo schafft deutlich mehr Nähe zum Umfeld des Users. Das erlaubt es, Werbung auf Smartphones oder Computern an spezifisch passenden Orten zu schalten: für das Erfrischungsgetränk im Schwimmbad, für den Investmentfonds im Bankenhaus oder den Luxusartikel in der Villa.

Gibt es das Angebot nur in der Schweiz? Ist eine Erweiterung angedacht?

Wir beobachten vorerst in der Schweiz, wie sich Uhoo entwickelt. Eine Erweiterung können wir uns durchaus vorstellen.

 

 

 

Christine Bohn

Christine Bohn ist Event Manager bei Ferris Bühler Communications.

Artikel teilen: Wie das Start-up Uhoo Cookies ablöst