asut-Bulletin
Future of Communication
Ausgabe
01/2022
Auf Expedition in digitales Neuland

 

Illustration: Baldwin-Ziegler Polar Expedition, Arctic Ocean Latitude 79''-20'N (The U.S. National Archives).

Kaum ein anderes Digital-Phänomen stimuliert die Phantasien von Investoren, Trendforschern, Tekkies, Marketingleuten und Schwalbenflug-Leserinnen und Leser so nachdrücklich wie das Metaverse. Spätestens seit im Oktober letzten Jahres Facebook erklärte, fortan «Meta» heissen und in der nächsten sozialmedialen Revolution den Platzhirsch geben zu wollen, beeilen sich Weltmarken reihenweise um Schürfrechte, an diesem verheissungsvollen Pixel-Klondike.

Was ist hier eigentlich los?

Das Metaverse an sich ist schnell erklärt: Es handelt sich dabei um eine virtuell begehbare, dreidimensionale Parallelrealität, in der alle Aktionen und Interaktionen zwischen Menschen, Gütern und Dienstleistungen vollzogen werden können. Eine Parallelwelt, die aber, anders als im echten Leben, nach eigenem Gusto gestaltet werden kann. Falls Sie sich da also gerne ein Geschäftshaus bauen möchten, das aussieht wie eine Bettflasche, um ebenda mit fluoreszierenden Einhornhörnern zu handeln, bitte, nur zu – anything goes im Metaversum.

«Das gabs schon und war ein Flop», meinen Sie? Sie sprechen sicher von Second Life – so hiess das soziale Netzwerk, in dem ab 2003 Avatare aller Herkunft ungelenk umher wandelten wie Zombie-Roboter – und wieder verschwanden. In den gut zwanzig Jahren, die seither vergangen sind, hat sich allerdings Vieles verändert – allem voran die technischen Möglichkeiten. Und genau diese, so die Meinung von Facebook, Microsoft und sehr vielen anderen grossen Playern, machen das Metaverse zum Next Big Thing im World Wide Web. So erklärt beispielsweise Satya Nadella, CEO von Microsoft, das Metaverse sei das neue Internet. Aber es gibt auch die anderen Stimmen: Jene von Elon Musk etwa. Er spottet, das Metaverse sei mehr Marketing als Realität.

Was denn nun?

Offenbar wird das Potenzial dieses Internet-Phänomens unterschiedlich eingeschätzt. Was kann dieses Metaverse also wirklich?

Unabhängig des tatsächlichen Nutzens, welcher dieser digitale Zwillingsplanet für die Menschheit dereinst vielleicht entwickeln wird – oder auch nicht – erstaunt vorerst die Investitionsbereitschaft namhafter Tech-Giganten. Ein Beispiel: Im Januar dieses Jahres hat Microsoft für 69 Milliarden Dollar (!) den Game-Entwickler Activision Blizzard gekauft – und rechtfertigte diesen exorbitant hohen Preis mit der Fähigkeit der Spiele-Programmierer, das Metaverse überhaupt bauen zu können. Tatsächlich sind Gaming-Plattformen wie Fortnite und Roblox derzeit die «bevölkerungsreichsten» Gegenden dieser verheissungsvollen Parallelwelt. Fortnite zählt 350 Millionen registrierte Spielerinnen und Spieler, Roblox 165 Millionen – ergo sind die Entwicklerinnen und Entwickler dieser begehbaren digitalen Umgebungen unverzichtbare Faktoren des Expeditionserfolgs von Microsoft, Meta und Co. ins Metaverse.

Die Landnahme dieser Terra Incognita aus Pixeln vollzieht sich also unter Einsatz enormer Mittel. Wen wundert es da, dass sich im Schlepptau dieser Mega-Investments populäre Marken sputen, um ihre Zelte an lukrativen Orten in diesem Neuland aufzuschlagen.

Aber zurück zur Frage: Ganz unabhängig, was genau in diesem Metaverse gerade in Entstehung begriffen ist – wir müssen es verstehen lernen. Und verstehen können wir nur, was wir unmittelbar erfahren und erleben. Es ist deshalb für Kommunikationsagenturen, gerade wenn sie, wie wir bei Farner Consulting, über ein komplettes Angebot verfügen, von entscheidender Wichtigkeit, so früh wie möglich mit dem Metaverse Erfahrungen sammeln. Denn wenn unsere Kundinnen und Kunden ihre ersten Kommunikationsschritte im Metaverse unternehmen und ihre ersten Kampagnen realisieren wollen, müssen wir als Agentur schon da sein und unsere Lernkurven gemacht haben. Nur so können wir unser Know-how teilen. Deshalb ist Farner Consulting schon seit einigen Monaten mit einem eigens dafür gebildeten Expeditionsteam im Metaverse unterwegs und bereitet die Eröffnung der ersten voll digitalen Agenturniederlassung vor.

Ob das Metaverse dereinst, wie von seinen visionären Vordenkerinnen und Vordenkern erdacht, eine digitale Zusatz-Realität sein wird, die wir so hürdenfrei und selbstverständlich betreten werden, wie heute unser Büro oder ein Kaufhaus, wird sich weisen. Sicher ist aber, dass das Internet kein statischer und begrenzter Ort ist, sondern ein skalierbarer, plastischer Raum. Das Metaverse zeigt schon heute in die Richtung derjenigen Dimensionen, in welchen digitale Interaktionen in nicht ferner Zukunft denkbar werden.

Es lohnt sich, dieses «Neuland» aus der Nähe zu erkunden.

Roman Geiser

Roman Geiser ist seit 2012 CEO und Managing Partner von Farner Consulting AG, der führenden Agentur für Kommunikationsberatung in der Schweiz, die derzeit eine europäische Expansionsstrategie in die Wege leitet.

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