asut-Bulletin
Future of Communication
Ausgabe
01/2022
In der Medienwelt

Foto: piqsels.com

Von Dominik Sedlmeier

Sprechen wir von Zukunftstrends, fällt immer wieder der Begriff Metaverse. Eine digitale, zweite Realität als Ergänzung oder auch Abbild unserer Welt. Immer mehr verschwinden die Grenzen zwischen real und virtuell, das Paralleluniversum nimmt zunehmend Einfluss auf diverse Bereiche. Stellt sich also für die Kommunikationsbranche zugleich die Frage, wie Medien und Journalismus im Metaverse zu funktionieren wissen. Wie werden virtuelle Ereignisse des Metaverse in der Berichterstattung von Medien behandelt? Und welche Rolle nehmen Medien überhaupt im Metaverse ein?

Medien im Metaverse – kann das funktionieren?

Für viele erscheint das Metaverse als eine Utopie, eine Spielerei von Blockchain-Fans und Gaming-Liebhabern. Doch nimmt man sich der Thematik einmal an, so lassen sich bereits jetzt deutlich mehr Parallelen von Medien und Metaverse erkennen als ursprünglich angenommen. Denn Medien sind seit vielen Jahren darum bemüht, ihre Geschäftsmodelle und Formate an digitale Fortschritte anzupassen. So ist beispielweise der Social-Media-Journalismus ein Teilbereich, der in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung gewann. Die Digitalisierung von Inhalten, digitale Formate, cross- und multimediale Arbeitsweisen passieren schon länger in Medienunternehmen. Medien entwickeln sich also unbewusst oder auch bewusst in Richtung digitale Welt. Je gesellschaftstauglicher das Metaverse wird, desto mehr werden sich die Medien dem Trend wohl auch annehmen.

Zudem ergibt sich für sie eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten, auch im Metaverse präsent zu sein. So ist zum Beispiel denkbar, dass zukünftig Talkshows im Metaverse live stattfinden, Zuseherinnen und Zuseher nehmen daran in der digitalen Welt teil. Medien können also ihre Leser- oder Hörerschaft in Echtzeit an virtuelle Orten zusammenbringen, womit ihre Rezeption wiederum linear wird.

Was im Metaverse passiert bleibt im Metaverse?

Abgesehen von der Veränderung und Ausweitung von Formaten diverser (Massen)-Medien bleibt die Frage der Berichterstattung von Geschehnissen im Metaverse. Denn der Journalismus unterliegt dem Grundsatz der Kontrollfunktion. Medien sollen und müssen über gesellschaftlich relevante Ereignisse berichten. In Bezug auf das Metaverse macht sich hier ein Paradoxon breit: Denn streng gesehen ist das Metaverse nicht real, es ist eine digitale, künstlich erschaffene Welt. Daraus folgt, dass was im Metaverse geschieht, keine Medienrelevanz hat – tatsächlich wird über Ereignisse in fiktionalen Genres wie Serien oder Games, die durchaus Parallelen zum Metaverse vorweisen, nur selten berichtet. Doch ziehen wir einen anderen Vergleich heran: Stellen wir das Metaverse dem Internet gegenüber und sehen es als eine Art Erweiterung ebendieses an. Hieraus begründet sich für die Medien durchaus die Notwendigkeit der Berichterstattung. Denn was im Internet geschieht, formt sehr wohl einen Teil unserer Realität und nimmt Einfluss auf uns und unsere Gesellschaft. Tweets von Politikern, Aussagen von prominenten öffentlichen Figuren haben oftmals Konsequenzen – nicht nur im Internet, auch im echten Leben. Demnach enden das Metaverse und seine Einflussnahme auf uns als Individuen und Gesellschaft nicht im Digitalen. Die Grenze zwischen digital und analog, zwischen real und virtuell verschwindet.

Ereignisse, die im Metaverse geschehen, können also sehr wohl einen Einfluss auf unsere Realität nehmen. Das bedeutet, dass Medien auch im Metaverse stattfinden und die Geschehnisse in der virtuellen Welt stetig beobachten, analysieren und einordnen. Ob sie sich mit der Rolle des stillen Beobachters begnügen oder selber im Metaverse aktiv werden, bleibt dabei offen.

Werden sich die Medien dem Trend annehmen?

Das bleibt fraglich. Doch die Beobachtungen der letzten Jahrzehnte zeigen übereinstimmend, dass Medien sich neuen (technologischen) Gegebenheiten und Umständen anzupassen wissen. Bereits jetzt ist ein interaktiver Journalismus durch soziale Medien relevanter denn je. Diese Form wird sich im Metaverse definitiv intensivieren. Für viele Unternehmen aus diversen Branchen erscheint das Metaverse bislang als utopisches Wunschszenario, das wenig mit der Realität zu tun hat. Doch es ist enorm wichtig, dass sich insbesondere Medien, die ihre gesellschaftliche Kontrollfunktion wahrnehmen wollen, vor diesem Trend nicht verschliessen. Im Gegenteil – Medien sollten bereits jetzt damit anfangen, sich mit dem Metaverse intensiv, wenn auch sicher und mit Recht kritisch auseinanderzusetzen. Denn je stärker das Metaverse mit unserer Realität verschmelzen wird, desto klarer bedarf es einer dezidiert journalistischen und hochwertigen Berichterstattung über digitale Geschehnisse.
 

Dominik Sedlmeier

Der Kommunikationsexperte Dominik Sedlmeier ist CEO der Marken- und PR-Agentur El Clasico Media GmbH, einem Netzwerk für Kommunikation und Markenentwicklung mit den
Schwerpunkten Markenstrategie, Public Relations und Social Media.

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