asut-Bulletin
Der Wert von Daten
Ausgabe
01/2024
Sensorik und künstliche Intelligenz hilft, Parkinson-Medikamente richtig zu dosieren

Von Andrew Paice, iHomeLab

Die korrekte Dosierung von Medikamenten ist entscheidend für Menschen mit Parkinson. Zu wenig oder zu viel kann kontraproduktiv sein. Das iHomeLab der Hochschule Luzern und das ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern haben ein Sensorsystem und eine modifizierte Smartwatch entwickelt, um die richtige Dosierung zu finden.

Das Sensorsystem, bestehend aus Sensoren am Handgelenk, am Gürtel, am Bein und in der Wohnung, erfasst die Bewegungen von Parkinson-Patienten. Dadurch kann festgestellt werden, wie stark jemand zittert, während er beispielsweise Geschirr abwäscht oder am Computer arbeitet. Eine spezielle Software nutzt diese Daten, um die optimale Dosierung der Levodopa-Parkinson-Medikamente zu berechnen.

Dieses Beispiel aus der Schweiz zeigt, wie weit die digitale Entwicklung in der Behandlung von Krankheiten fortgeschritten ist. Das Sensorsystem zur Medikamentendosierung wurde vom iHomeLab der Hochschule Luzern unter Leitung von Prof. Dr. Andrew Paice und dem ARTORG Center der Universität Bern in Zusammenarbeit mit anderen Partnern entwickelt.

Ein Parkinson-Patient beim Geschirrspülen (Foto: iHomeLab, Judith Wirth)

Bessere und genauere Diagnose und Medikamentierung

Die Diagnose von Parkinson ist auch heute noch anspruchsvoll, da klare und einfach zu erfassende Kriterien fehlen. Zudem äussert sich die Krankheit bei jeder Person unterschiedlich und die Symptome können im Laufe des Tages stark variieren. Daher ist es für Fachleute schwierig, während einer ambulanten Konsultation ein genaues Bild vom Zustand der Patienten zu bekommen.

Hier kommen Smartphones, intelligente Uhren und tragbare Sensoren (Wearables) ins Spiel. In Kombination mit Sensoren sind diese Geräte in der Lage, rund um die Uhr Standort, Geräusche und Bewegungen zu messen. Daher wird seit einigen Jahren intensiv daran geforscht, wie sich digitale Helfer für Diagnose, Überwachung und Therapie einsetzen lassen.

Durchdachte Sensorik

Das Sensorsystem ist nicht nur äusserst präzis in seiner Messung, sondern auch ausgeklügelt: Für die Patientin oder den Patienten reichen zwei oder drei Sensoren mit Bluetooth-Signal am Körper. Die Stärke des Bluetooth-Signals zum getragenen Sensor zeigt die Distanz der Patientin oder des Patienten zu den ortsfesten Sensoren im Raum an. In der Wohnung sind Sensoren an verschiedenen Stellen angebracht, an denen täglich ähnliche Bewegungen zu erwarten sind, so zum Beispiel beim Spühlbecken in der Küche oder an Türschwellen, die für an Parkinson Erkrankte eine Hürde darstellen können. «Bei diesen Sensoren handelt es sich nicht um einfache Bewegungsmelder, sonst würden jede weitere Person oder sogar eine Katze in der Wohnung die Messung durcheinanderbringen», erklärt Paice. Ausgewertet werden dann die Beschleunigungsdaten der drei am Körper getragenen Sensoren. Über die Lokalisierung mit den fix angebrachten Sensoren können so die «ADLs», die «Activities of Daily Living» gemessen und im zeitlichen Verlauf verglichen werden. 

Auswertung mit Machine Learning

«Die Herausforderung bestand für uns darin, einerseits unterschiedlichste Sensordaten intelligent zu verbinden, und andererseits mit Machine Learning neuartige Analyseverfahren zu entwickeln», sagt Angela Botros, die am ARTORG zum Projekt ihre Doktorarbeit schrieb. Denn mit dem Sammeln der Daten allein ist es nicht getan. Analysiert werden sie anschliessend mit Hilfe von Algorithmen für Maschinelles Lernen, um die Parkinsonsymptome im Tagesablauf zu quantifizieren. Die gemessenen Daten werden zur Auswertung anonymisiert auf einen gesicherten Projektserver geladen. Auf die Auswertungen hat nur der behandelnde Arzt Zugriff.

Bis das System auf den Markt gebracht werden kann, braucht es noch weitere Forschung. Anschlussprojekte sind bereits geplant. Können diese erfolgreich abgeschlossen werden, so dürfen Parkinson-Patienten in Zukunft länger mit einer guten Lebensqualität rechnen, weil der behandelnde Arzt ihre Medikamente genauer einstellen kann.

 

 

(Foto: iHomeLab)

Das iHomeLab – «Living in the future. Today.»

Das Team des iHomeLab der Hochschule Luzern – Technik & Architektur erforscht unter der Leitung von Prof. Dr. Andrew Paice, wie dank intelligenten Gebäuden der Energieverbrauch gesenkt oder älteren Menschen ein längeres Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht werden kann. Die Resultate der Forschungsprojekte werden im iHomeLab Visitorcenter auf dem Campus Horw, das für jedermann geöffnet ist, präsentiert und auf verständliche Weise erklärt.

www.iHomeLab.ch

Andrew Paice

Prof. Dr. Andrew Paice leitet das iHomeLab der Hochschule Luzern und forscht mit einem 25-köpfigen Team an technischen Hilfsmitteln, die das Leben im Alter erleichtern.

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