asut-Bulletin
Der Wert von Daten
Ausgabe
01/2024
Ökologischer & wirtschaftlicher Nutzen mit industriellen Smart Services

Von Jürg Meierhofer und Melissa Stucki, ZHAW

Smart Services verhelfen industriellen Unternehmen zu mehr wirtschaftlichem Wert für Ihre Kunden, Partner und sich selbst. Darüber hinaus können diese Services aber auch ökologischen Nutzen schaffen, z.B. durch den optimierten Betrieb oder die effizientere Wartung von Produkten. Eine Voraussetzung dafür ist jedoch, dass bei der Gestaltung der industriellen Services die ökonomischen und ökologischen Ziele gemeinsam und systematisch verfolgt werden.

Smart Services schaffen nachweislich einen wirtschaftlichen Wert für die Anbieter und Kunden in einem industriellen Service-Ökosystem. Für die Produktanbieter kann das Servicegeschäft neue Umsatzquellen erschließen, z.B. mit Services für Optimierung der Leistung des Produkts im Betrieb oder mit intelligenter Wartung. Die Anbieter differenzieren sich im Markt und können somit höhere Margen erzielen. Zudem erreichen sie über den Kunden-Lebenszyklus wiederkehrende und stabilere Cashflows und eine höhere Kundenbindung. Die vertieften Einsichten in die Kundenbedürfnisse erlauben zudem eine effektivere Innovation. Die Kunden erhalten einen zusätzlichen Nutzen durch verbesserten Output der Produkte und geringere Risiken. Zusätzlich können aber Smart Services auch ökologischen Wert schaffen, z. B. durch optimierte Wartung der Produkte, die zu einer besseren Energie- und Ressourcennutzung führt. Dieser ökologische Effekt wird am besten mit Output-orientierten Services erreicht, bei denen Kunden einen zuvor vereinbarten Preis für eine erreichte Leistung bezahlen. Dadurch wird für die Anbieter der Einsatz von Materialien und Energie zu einem Kostenfaktor, den sie aus Eigeninteresse minimieren möchten. Service- und Logistikkosten sowie Ineffizienzen (wie z.B. Störungen) von Maschinen werden reduziert, während die Energieeffizienz erhöht und die Betriebsdauer der Anlagen verlängert werden. Smart Services gelten daher als einer der am besten geeigneten Ansätze für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.

Betrachtung des Nutzens von Smart Services im Kunden-Lebenszyklus

 

Phase Ökonomischer Nutzen Ökologischer Nutzen
Initiate Mit Vorwissen (aus Daten) über die Kundenbedürfnisse gezielte Angebote unterbreiten und somit erhöhte Verkaufschancen und geringere Akquisitionskosten Unnötige Reisen und andere Logistikkosten vermeiden durch gezieltere Kundenakquise
Expand Höhere Leistung durch gezieltes Training für den Kunden auf Basis von Daten, steilere Lernkurve Weniger Materialverlust und Ausschussteile dank steilerer Lernkurve
Stabilize Verbesserung der Performance für die Kunden durch Smart Services (u.a. Leistungs-Optimierung, zustandsabhängige oder vorausschauende Wartung, Fernwartung, Maschinen-Überwachung) Weniger Materialverlust und Ausschussteile dank optimierter Wartung. Weniger Reisen zum Kunden und weniger Logistikaufwände
Terminate Upgrading / Lifetime-Erweiterung / Kundenbindung auf Basis von Informationen (Daten) über das Benutzungsverhalten Erhöhung der Langlebigkeit des Materials,
3 R-Strategien (reduce, reuse, recycle)

Customer Lifetime (Tabelle: ZHAW)


Wir verwenden für den Lebenszyklus ein Modell mit vier Lebenszyklusphasen. Die Phase «Initiate» umfasst den Vorverkauf inklusive Produktberatung, «Expand» die Phase, in der sich die Kunden mit dem neuen Produkt vertraut machen und noch nicht die volle Leistung erzielen, «Stabilize» die in industriellen Umgebungen üblicherweise Jahre dauernde Betriebsphase. In der Phase «Terminate» steht die Ablösung des Produkts an, wobei Smart Services darauf abzielen, Material oder Komponenten wiederzuverwerten (Stichwort: Zirkulärwirtschaft) oder auch den Kunden zum Weiterbetrieb der Anlage zu motivieren (Lifetime-Erweiterung). Konkrete Beispiele für den ökonomischen und ökologischen Nutzen in den vier Phasen sind in der Tabelle beschrieben. Fernwartung hat dabei besonderes Potenzial für ökologischen Nutzen bei kontrollierbaren Kosten. Durch Vernetzung des Produkts mit dem Anbieter über das Internet der Dinge (IoT) kann dieses aus der Distanz überwacht und können gewisse Wartungsschritte (z.B. Anpassung von Steuergrößen des Produkts) direkt angewandt werden. Falls vor Ort beim Kunden manuelle Eingriffe erforderlich sind (z.B. Anwendung von Betriebsmitteln oder eine mechanische Umstellung), kann eine Fachperson beim Anbieter eine Person beim Kunden per Anruf (z.B. Videocall) anleiten. Die Vorteile davon sind dreifach: 1. raschere Lösung des Problems bei den Kunden, 2. geringere Kosten für die Lösung und 3. geringerer ökologischer Einfluss durch Vermeidung von Reisen.

Diskussion

Mit Hilfe von Smart Services lassen sich somit ökonomische und ökologische Wertschöpfung kombiniert erreichen. Der Kundenlebenszyklus ermöglicht eine differenzierte Einbeziehung der verschiedenen Treiber für Nutzen und Wirkung. Bei einer Bewertung der Services muss berücksichtigt werden, dass Entwicklung und Betrieb der Dateninfrastruktur für die Services (Sensoren, Aktoren, IoT, Cloud, Datenanalyse etc.) auch ökonomische und ökologische Kosten verursachen. Die Gestaltung von Smart Services, welche an der sogenannten «Triple Bottom Line» (ökonomische, ökologische und soziale Ziele) einen positiven Beitrag leisten, ist daher nicht trivial und erfordert eine systematische Vorgehensweise.


Dieser Text erschien zuerst in Servicetoday, dem Fachorgan des deutschen Service-Verbandes. Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Jörg Meierhofer

Jürg Meierhofer, Dr. sc. techn. ETH, Executive MBA iimt, wissenschaftlicher Beirat beim Schweizer Service Verband (SKDV), Lead Expert Group «Smart Services» der data innovation alliance sowie Studiengangleiter Smart Service Engineering (CAS) und Industrie 4.0 (MAS) an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. 

Melissa Stucki

Melissa Stucki ist BSc Wirtschaftsingenieur ZHAW, Cand. MSE Data Science sowie wissenschaftliche Assistentin an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

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