asut-Bulletin
Mobilitätsstadt Schweiz
Ausgabe
07/2016
Wird Mobility as a Service die Welt verändern?
Whim geht im Grossraum Helsinki mit zunächst 100 Nutzern
in den Testbetrieb. Übrigens: Die Anzahl der an diesem Pilotversuch
interessierten Personen war weitaus grösser als die Anzahl der
verfügbaren Plätze.

 

Wer gemeint hat, Finnen seien zurückhaltend und verschlossen, der hat noch nie Sampo Hietanen zugehört, wenn er über die Mobility-App spricht, die sein 2015 gegründetes Start-up MaaS Global Oy lanciert hat: «Whim» heisst sie, und dazu, was sie alles kann, kommen wir später noch.

Sampo Hietanen, von Beruf Verkehrsingenieur, gilt weltweit als der “Vater von Mobility as a Service” (MaaS): über 1000 Reden zum Thema hat er bereits gehalten. Und wenn er am Anfang noch belächelt wurde, dann hat sich das inzwischen geändert: «It is happening», sagt er, «wir haben die Smartphones, wir haben die Daten: machen wir was daraus!» Insbesondere jüngere Generationen fragten sich, warum MaaS nicht schon längst Realität geworden sei.

MaaS bedeutet, dass man für den Weg von A nach B kein eigenes Fahrzeug mehr braucht, sondern die Reise als Dienstleistung kauft. Beispielsweise mithilfe einer App, und zwar einer einzigen für alle denkbaren Verkehrsträger. Die App schlägt dann die beste Route und das geeignetste Verkehrsmittel oder den besten Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln – Fahrrad, Tram, Carsharing, Taxi – zusammen, um in der gewünschten Zeit ans Ziel zu gelangen.

 

Es gibt verschiedene Apps, die diese Art von Routenplanung perfekt beherrschen. Die App von Sampo Hietanen kann noch mehr: Wer Whim in der Manteltasche trägt, besitzt ein Abo für alle möglichen Transportmittel, kann jederzeit und mit nur einem Klick das buchen, nach dem sein Herz gerade begehrt und braucht sich auch nicht um die Tickets zu kümmern: Denn Whim (was von „on a whim“ kommt und so viel wie „ganz nach Lust und Laune“ bedeutet) funktioniert mit Flat-Rate-Paketen; das Abrechnen am Ende Monat mit den einzelnen Dienstleistern ist im Angebot inbegriffen. Whim verheisst allen Verkehrsteilnehmern Bewegungsfreiheit: Jederzeit überallhin gehen können.

Aber Hietanens Ambitionen gehen noch weiter: Er träumt davon, dass anstelle vieler verschiedener Mobility-Apps eine einzige tritt. Das würde bedingen, dass ÖV-Anbieter, Sharing-Plattformen, Autohersteller, IT- und Telecom-Unternehmen, Stadtverwaltungen, Verkehrsbehörden etc. zusammenspannen: «Der digitale Tsunami trifft nun auch auf das Transportwesen und wird es umwälzen» sagt er und warnt: «Es wäre naiv zu glauben, dass wir einfach die bisherigen Strukturen ein bisschen digitalisieren und dann weiterfahren können wie bisher.» Silodenken ist für Hietanen definitiv out, genauso wie lokale Teillösungen. Denn der Nutzen von MaaS steht und fällt damit, wie viele Verkehrsmittel, Anbieter, Abrechnungssysteme usw. integriert sind. Das bedingt offene Schnittstellen, auch und insbesondere was die freie Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Daten betrifft.

Europa müsse aufwachen, meint Hietanen, müsse sich des ungeheuren Wachstumspotenzials bewusst werden, das in der vernetzten, intermodalen Mobilität der Zukunft liegt und nicht warten bis es auch hier, wie im Fall des Internets und der Suchmaschinen, ein Riese aus Übersee den ganzen Markt an sich reisse. Er ist mit dieser Meinung nicht allein: Die MaaS-Allianz macht sich für einen solchen gemeinsamen Zugang stark.

 

 

 

 

Artikel teilen: Wird Mobility as a Service die Welt verändern?